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Ingolf Tews Atlantis Spieleladen Wartenau

Gespräch mit Ingolf Tews vom „Atlantis“ Spieleladen in Wartenau

Kenny Schumacher, 28.02.2021

Seit 2012 bietet das Atlantis eine große Auswahl an Brett- und Rollenspielen zum Verkauf. Ich hatte die Gelegenheit mit Gründer und Inhaber Ingolf Tews über die aktuelle Situation der Spieleszene und ihrer Community zu sprechen.

Im Jahr 2004 wurde das Atlantis gegründet. War es denn einfach, als „Nischen-Laden“ in Hamburg Fuß zu fassen oder gab es anfänglich auch Startprobleme?

Ein wenig von Beidem. Es war für mich insofern etwas einfacher das Atlantis zu Gründen, weil ich vorher schon in einem Fantasy-Laden gearbeitet habe. Aus dieser Zeit habe ich einige Kunden mitnehmen können, auch wenn das vielleicht ein bisschen fies klingt (lacht). Ich war einfach schon super in der Szene vernetzt, viele Leute kannten mich weil ich zu dem Zeitpunkt bereits 20 Jahre in der Szene aktiv war. Ich habe regelmäßig Conventions besucht und wie gesagt lange in dem Bereich gearbeitet. Ursprünglich hat das Atlantis auch als reiner Fantasy-Laden angefangen – also mit Rollenspielen, Miniaturen und nur einem kleinen Anteil an Brettspielen. Ein kompletter „Nerd–Laden“ könnte man sagen. Wenn man schon einen kleinen Namen in der Szene hat, ist es natürlich etwas einfacher; trotzdem war es schwieriger als gedacht. Ich habe den Laden damals mit einem Partner eröffnet und wir haben gehofft, nach etwa 1-2 Jahren einen stabilen Punkt zu erreichen. Im dritten Jahr ist mein Partner dann ausgestiegen, weil es sich nicht getragen hat. Und selbst nach drei Jahren war das Atlantis, trotz der guten Vernetzung, noch nicht so bekannt wie erhofft. Eine Weile lang habe ich den Laden zusammen mit nur einer Aushilfe geführt, bis ich dann noch eine zweite Kraft einstellen konnte. Ab diesem Zeitpunkt etwa, ging es dann tatsächlich relativ schnell bergauf.

Ihr habt miterlebt wie Videospiele und das Internet mit seinem reichhaltigen Unterhaltungsangebot im Lauf der Zeit immer erfolgreicher und dominanter wurden. Gibt es denn in Hamburg eine starke Brettspiel- beziehungsweise Tabletop Community und hat euch das die Anfänge erleichtert?

Es gibt in Hamburg eine starke Brett- und auch Rollenspiel Community – tatsächlich die stärkste Rollenspiel Community deutschlandweit. In puncto Brettspiel kann ich das schwer beurteilen, dafür ist der Bereich zu vielfältig. Diese Community ist aber vor allem in den letzten Jahren stark angewachsen. Der Bereich Brettspiele entwickelt sich schon seit etwa 10 Jahren massiv nach Vorne – interessanterweise parallel, oder vielmehr als Gegenpol zu den Computerspielen.
Ein ganz klassisches Beispiel für diese Entwicklung sind cosims (Konfliktsimulationen). Das ist ein ziemliches Nischenprodukt, aber gerade in den 80er/90er Jahren waren die ganz stark auf dem Brett vertreten: Sehr abstrakt, große Karten und ganz viele, kleine Pappcounter, mit denen man große Schlachten nachgestellt hat. In den späten 90er Anfang 2000er Jahren waren die praktisch tot, weil sich alles auf den Computer verlagert hat. Irgendwann wurde den Leuten aber bewusst, dass der menschliche Geist jedem Computer überlegen ist – vor allem in Bezug auf Taktik. Also haben die Computerspiele angefangen zu schummeln; zum Beispiel indem der Computer wusste, wo gewisse Einheiten positioniert sind, obwohl es realistisch nicht möglich war. Das hat die Leute frustriert und sie haben wieder angefangen, mit menschlichen Partnern zu spielen. Die Computerspiele sind zurückgegangen und die klassischen cosims waren wieder stärker gefragt. Das ist jetzt ein sehr spezielles Beispiel, aber in dieser Form traf das auch auf viele andere Bereiche zu.

Seit einigen Jahren sind Brett- und vor allem Pen&Paper Rollenspiele auch im Internet stärker vertreten und in den Fokus gerückt. Shows wie „Critical Role“ haben durch das Streamen ihrer Spiele Sessions, vor allem in den USA, für eine regelrechte Wiederbelebung des Genres gesorgt. Hat sich diese Entwicklung auch für euch bemerkbar gemacht?

Den Bereich Rollenspiele und Brettspiele müssen wir da klar unterscheiden. Das sind zwei völlig unterschiedliche Segmente, die unabhängig voneinander laufen. Im Bereich Rollenspiel ist es so, das wir seit unserer Gründung in 90% aller Monate mehr Umsatz machen, als im Vormonat des Vergleichsjahres. In den ersten Jahren haben wir uns das damit erklärt, dass wir nun mal ein Fantasy-Laden sind und neue Kunden dazugewinnen – später dann mit dem Wegsterben anderer Läden hier in Hamburg. Seit einigen Jahren sind wir einer der letzten Läden dieser Art hier und legen trotzdem immer noch regelmäßig zu. Das ist allerdings die Ausnahme. Ich bin in einem Verbund mit vielen anderen Händlern aus dem Bereich Brett- und Rollenspiele. Die meisten nehmen ganz viele Rollenspiele aus ihrem Programm.
Ich habe festgestellt, wenn man Rollenspiele anbietet, dann muss man es groß machen und eine breite Auswahl anbieten. Daran muss man hart arbeiten, weil die Leute mittlerweile alle Sachen schnell aus dem Internet bestellen können. Außerdem hat sich die Pen & Paper Landschaft in den letzten 10-15 Jahren stark verändert, da viele Leute ihre eigenen Systeme und Abenteuer über Kickstarter etc. veröffentlichen können.
In den 80er Jahren gab es viele große Spielsysteme, von denen sich aber nur einige wenige wirklich in Deutschland etablieren konnten. Es gibt inzwischen extrem viele, vor allem kleinere Systeme in dem Bereich. Große Systeme, die man über Jahre spielt und immer wieder Zusätze dazu kaufen kann, gibt es tatsächlich kaum noch. Das liegt eben vor allem an den modernen Desk-Publishing-Programmen, mit denen man relativ einfach eigene Systeme erstellen kann. Durch Kickstarter kann man die auch noch ohne finanzielles Risiko veröffentlichen. Das hat die Rollenspiel Szene massiv verändert.

 

„Uns fehlt vor allem der Kundenkontakt extrem – wir alle machen den Job ja nicht, um damit reich zu werden.“

 

Die Pandemie und der Lockdown stellen uns alle vor neue Herausforderungen. Wie habt ihr die Entwicklung erlebt? Habt ihr euch schon früh darauf vorbereiten können oder seid ihr kalt erwischt worden?

Der erste Lockdown im März hat uns kalt erwischt. Ich hatte gedacht, es würde bei solchen Dingen wie einer Beschränkung der Kundenanzahl bleiben. Das komplett zugemacht wird, hat uns wirklich eiskalt erwischt – zumal wir keinen Online–Shop haben. Das haben wir aber tatsächlich gut auffangen können, vor allem durch treue Kunden im Brettspiel Segment, die angerufen und weiter Spiele oder auch Gutscheine bei uns gekauft haben. Wir haben dann außerdem ein Kundenkonto in unser System integriert, auf das man Geld für die Einkäufe bei uns einzahlen kann.
Als wir im Sommer wieder aufmachen durften haben wir sehr gute Geschäfte gemacht, vor allem im Frühsommer und Herbst. Das Problem des „Sommerlochs“ hatten wir bisher nie wirklich, da wir viel von Touristen profitiert haben. Die blieben natürlich im vergangen Jahr aus und deshalb waren diese Monate eher schwach.
Ich hatte schon eine Vorahnung, dass ein zweiter Lockdown kommen würde und habe angefangen, finanzielle Rücklagen zu bilden. Aber sonst haben wir nichts verändert. Der zweite Lockdown kam dann ja noch vor Weihnachten und das war natürlich besonders hart für uns, weil damit das komplette Weihnachtsgeschäft für uns zunichte gemacht wurde. Wir hatten unser Lager mit Ware vollgepackt und dann sind wir darauf sitzen geblieben.
Durch die Rücklagen sind wir nicht unbedingt am Boden zerstört, aber es fehlen definitiv Einnahmen. Im letzten Jahr haben wir erstmals weniger Umsatz gemacht als im Vorjahr und viele Bereiche laufen jetzt im zweiten Lockdown deutlich schlechter als noch im vergangenen März. Unsere gesamte Ladenverwaltung läuft über Excel, also handgemacht. Deshalb wollen und können wir gar keinen Onlineshop aufziehen. Da steckt eine unglaubliche Verwaltung dahinter und es gibt noch verschiedene andere Gründe, warum wir das nicht machen wollen. Wir versuchen den Leuten einfach weiterhin klar zu machen, dass sie uns telefonisch oder per Email kontaktieren und sich Sachen bestellen und zurücklegen lassen können, um sie dann hier abzuholen. Uns fehlt vor allem der Kundenkontakt extrem – wir alle mach den Job ja nicht, um damit reich zu werden (lacht).

 

„Menschen treffen sich wieder häufiger und machen einen Spieleabend zum Event.“

 

Ihr bietet im Normalbetrieb diverse, offene Rollenspielrunden im Laden an – dem ist momentan ein Riegel vorgesetzt. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass gerade in der aktuellen Situation Gesellschaftsspiele gefragter sind als sonst. Gibt es da eine Trend Entwicklung? Wie geht ihr bzw. die Community mit den Einschränkungen als leidenschaftliche Spieler um?

Die Community leidet schon sehr stark darunter. Es gibt natürlich diverse Plattformen auf denen man vor allem Gesellschaftsspiele online zusammen spielen kann, aber es ist eben nicht das Gleiche. Ich höre von verschiedenen Leuten wie sehr sie sich wünschen, endlich wieder zusammen an einem Tisch sitzen und Spielen zu können. Der kommunikative Faktor bei Brettspielen ist einfach sehr stark und verbindend – diese Entwicklung sehen wir in den letzten Jahren deutlich. Menschen treffen sich wieder häufiger und machen einen Spieleabend zum Event. Es ist eine ganz andere Art der Kommunikation – auch wenn man mit heutigen technischen Mitteln wie Teamspeak (Sprach Chat Software) vor dem Rechner sitzen und mit anderen reden kann. Aber diese Form der Kommunikation hat in den letzten Jahren wieder mehr an Wertschätzung gewonnen. Der Brettspiel Sektor wird immer stärker und größer. Einer der Hauptgründe ist eben die Kommunikation, das gesellige Beisammensein – Socialising, sage ich mal.
Aber alle Anlaufpunkte sind momentan tot. Unter normalen Umständen kann man in Hamburg jeden Tag zu einem öffentlichen Brettspiel-Treff gehen. Wir haben Läden wie das „Würfel & Zucker“, das Brettspiel–Café wo man hingehen und einfach Spiele ausprobieren kann. Es gibt auch die Live–Rollenspiel und Brettspiel Abende im „tanzenden Einhorn“, eine Kneipe unten am Dammtor. Da treffen sich für gewöhnlich auch viele Leute zum Austausch und Fachsimpeln. Und wir bieten auch unsere regelmäßigen Spieleabende an. Es gibt viele Möglichkeiten sich zu treffen, auszutauschen und gemeinsam zu spielen. Das fällt jetzt alles weg und niemand weiß, wann es wieder möglich sein wird – selbst wenn der Lockdown wieder vorbei ist. Es macht einfach unglaublich mürbe und leider geht auch viel verloren.
Das Wegfallen der Conventions ist für viele finanziell desaströs, vor allem aber sehr traurig! Denn dort treffen sich die leidenschaftlichen Spieler und die Community.
Natürlich jubeln die Spielverlage momentan – aber man muss auch sehen, welche Art von Spielen aktuell gut läuft und wie viele hinten runter fallen, weil sie sich im ersten Monat nicht gut verkauft haben. Ob das für die Spiele-Industrie im Allgemeinen so gut ist, vor allem in puncto Vielfältigkeit, das ist die Frage. Alles was komplexer ist und mehr Möglichkeiten bietet, läuft im Moment sehr schlecht.

Wie geht es dem Laden in der aktuellen Situation? Habt ihr auf die Entwicklung, zum Beispiel durch Online Angebote, reagiert und schafft ihr es euch gut über Wasser zu halten?

Wenn jemand eine Blitz-Idee hat, dann wird die besprochen und wir gucken, ob das sinnvoll ist – aber wir sind jetzt nicht krampfhaft auf der Suche. Unsere Geschäftsidee funktioniert über den direkten Kontakt. Wir schalten keine Werbung und trotzdem haben wir viele Kunden über ganz Deutschland verteilt, weil sie von unserer großen Auswahl vor Ort begeistert sind. Im Gegensatz zum Internet Shopping, kann man die Sachen hier anfassen, anschauen und sich außerdem noch fachlich beraten lassen – das macht den Unterschied.
Alles andere wäre improvisiert und eine Notlösung. Was außerdem gegen solche Dinge wie z.B. öffentliche Bestandslisten spricht, ist die Erwartungshaltung der Leute. Wenn wir das eine Weile machen und dann wieder raus nehmen, werden die Leute fragen:“ Warum? Das war doch so praktisch!“ Aber für uns ist es eben überhaupt nicht praktisch; es bedeutet viel Arbeit und ist sehr umständlich. Wir sind zwar immer noch am Überlegen, was wir anders machen könnten – aber eine richtig gut umsetzbare Idee blieb bisher aus. Deshalb sagen wir nach wie vor: Ruft an, schreibt Mails – wir stehen auf Kontakt (lacht). Es ist vielleicht komplizierter, aber charmanter und persönlicher, als einfach nur ein Häkchen zu setzen.

Was sind eure Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft – für das Atlantis und euch selbst als Privatpersonen?

Für das Geschäft wäre es natürlich wichtig, das wir in irgendeiner Form wieder öffnen können. Es muss langfristig wieder möglich sein, in persönlichen Kontakt zu treten. Eine klare Linie bezüglich Lockdowns wäre auch sehr wünschenswert. Dieses ständige Auf und Ab geht sehr an die Substanz und macht das Planen auf lange Sicht schwierig. Mit vielen Regelungen tue ich mich persönlich schwer und verstehe da oft die Verhältnismäßigkeit nicht. Persönlich – in jedem Fall versuchen gesund zu bleiben und hoffen, dass nicht doch der große Absturz kommt; in Form von Arbeitslosigkeit zum Beispiel. Bisher konnte ich meinen Angestellten die Kurzarbeit ersparen und würde es auch gern weiterhin. Die Frage ist nur, wie lange es noch geht. Ich persönlich finde ja die Strategie mit abwechselnden Öffnungen und Schließungen angenehmer, als 3 Monate am Stück zu schließen. So kann man wenigstens zwischendurch nicht nur Energie auftanken, sonder auch Geld einnehmen. Ich merke einfach nach mittlerweile acht Wochen, wie mürbe es macht. Und das verstärkt auch nicht gerade die Akzeptanz. Man merkt, dass die Leute keine Lust mehr haben und das ist ein Problem.


Das Interview fand am 3.2. im Atlantis, Wartenau statt.

Website Atlantis

Artikel zur aktuellen Situation der Spiele-Industrie

Jule genießt ihren neu eingerichteten Stadt-Balkon mit Gitarren-Musik, Foto: Kolumne Hamburg.

Auftanken: Wohin, wenn die ganze Welt auf Abstand geht?

Hanah Iris und Julien, 08.09.2020

Auftanken während Corona – geht das überhaupt?? Ein unbekannter Virus, der die Gesellschaft vor neue Hürden stellt… Auswirkungen hat man auf der ganzen Welt gespürt. Aber wo kann man hin, wenn die ganze Welt auf Abstand geht? 

Um mal richtig abschalten zu können, brauchen wir alle einen Ort zum Ruhe-Tanken. Und wie betrifft Corona die, die nicht davon betroffen sind? Wir haben drei Hamburger gefragt.

Die Reise- und Verkehrskauffrau Jule hat uns zu sich eingeladen. Sie ist eine der Corona- Heldinnen, die sich um alles von Kurztrips bis Familien-Urlaub gekümmert hat. Alle Urlaube, die bereits Monate zuvor gebucht waren, mussten von heute auf morgen gecancelt werden. In den Reisebüros hagelte es dementsprechend Kritik am Telefonhörer. „Die meisten Kunden waren sehr verständnisvoll. Aber es gab auch einige, die aufgebracht ihr Geld zurückforderten“, sagt Jule. Eine fordernde Zeit für die Arbeit mit Kunden-Kontakt. Das moralische Dilemma musste man so gut es ging verstecken. Außerhalb des Arbeitslebens galt es den Stress abzubauen. Entspannung hat die junge 22-Jährige für sich selbst neu definiert. Das DIY Projekt (Do It Yourself) „BALKON“ war geboren. Und somit wurde der einfachen Stadtbalkon in eine Maritime Schwebende Oase verwandelt.

Mit dem Flugzeug in ferne Länder zu fliegen – vor Corona nicht wegzudenken.   Hinter jeder Reise steht ein großes Team an Personal. Alex ist als Flugbegleiterin bei der Lufthansa bereits über 25 Jahre dort tätig.   Sie erzählte uns von ihrem Alltag in der Kurzarbeit. „Abgesehen davon, dass ich nicht mehr fliege, hat sich nicht viel geändert.“ sagte sie. „Das einzige was Corona mir genommen hat, sind die ganzen Konzerte auf die ich mich so gefreut habe!   Mein Mann und ich teilen unsere Leidenschaft zur Musik, und gehen seit vielen Jahren regelmäßig auf Konzerte.“

Als Flugbegleiterin, die hauptsächlich lange Strecken fliegt, hat Alex auch im „normalen Alltag“ viel Zeit zuhause.   Sie fliegt Teilzeit; meistens ist sie 3-5 Tage weg, dann wieder knapp eine volle Woche zuhause.  Aktuell muss sie nur etwa alle drei bis vier Wochen die Uniform anziehen. Sie erzählt wie ihr aufgefallen ist, dass viele Menschen in ihrem Wohnort wieder mehr unterwegs sind. „Die Besorgungen wurden eine ganze Weile sehr zielstrebig gemacht. Jeder ist auf dem direkten Wege einkaufen gegangen. Inzwischen spürt man, dass die Menschen rausgehen und sich trauen.“ Eindrücke aus dem öffentlichen Leben teilt Alex auch mit uns. „Ich bin auch schon mit Freunden in der Stadt essen gegangen.  Ich war auch auf ein, zwei Partys. Die waren zwar privat, aber überall mit Sicherheitsabstand.”

Jonathan arbeitet seit Corona im Home Office. Der Kundenbetreuer in der Radiovermarktung hat täglichen Kontakt zu seinen Klienten. Für den Radiomarkt hat Corona viel getan. „Es war wirklich sehr stressig am Anfang“, laut Jonathan, „Stornierung über Stornierung für fast zwei Monate! Und auf einmal ging es bergauf. Inzwischen ist es wieder ganz normales Arbeiten.“ Für ihn lohnt sich das Home Office sehr. „Ich spare jeden Tag zwei Stunden, die ich sonst in der Bahn sitze. Das ist Lebensqualität die ich jetzt auskosten kann.“ Für den 25 jährigen ist diese „aufgeholte Zeit“ wertvoll investiert.  Die Zeit die er gewonnen hat, wird nämlich mit „Selfcare 2020“ gestempelt. 

Ruhe finden kann er im Sport und beim Sonne tanken, besser denn je. „Meine Mutter ist in der Risikogruppe, deshalb fällt mir das schon schwer sie nicht zu sehen, auch wenn sie das ungern akzeptiert“ vertraut er uns an.  „Es ist schon etwas beängstigend wenn du hörst, dass deine Mutter zur Risikogruppe gehört. Da verzichte ich lieber jetzt, und hole dann das liegengebliebene auf wenn´s soweit ist.“ Die Beziehung zu Freunden und Verwanden hat gelitten.  Das macht gleichzeitig die kommenden Treffen etwas Wertvoller. Jonathan erzählt davon, wie er auch in seinem privaten Umfeld auf Abstand achtet, und trotzdem Wege gefunden hat seine Freunde nicht aus dem Auge zu verlieren. „Man telefoniert, oder spielt zusammen Online Spiele. Gemeinsam grillen ist dann auch mal drin, aber dann mit etwas mehr platz zwischen den Stühlen!“

1,5 Meter Abstand oder nicht. Jeder von uns hat auf seine eigene Art und Weise einen weg gefunden mit der Corona-Krise zu leben. Selbstfindung, Gestaltung und Fürsorge sind Begrifflichkeiten die wir neu Entdeckt haben. Jeder für sich allein hat seinen eigenen Ruheort gefunden.

In ihr hängen die imposanten Bilder Lindberghs - die Wandeltreppe im Museum für Kunst und Gewerbe, Foto: Henning Rogge

Intimität und Verletzlichkeit – Peter Lindberghs Untold Stories

Sophie Martin, 12.08.2020

Kraft, Ästhetik, Ausdruck und Eleganz – dafür steht der Name Peter Lindbergh. Als angehende Fotojournalistin bin ich eine große Bewunderin seines Werkes.

Er ist für mich ein Vorbild, ein Idol, jemand, von dem ich noch viel lernen kann. Durch das aufmerksame Betrachten seiner Bilder erfahre ich so einiges über Bildsprache, über Bildkomposition, über Perspektive und den gekonnten Einsatz von Licht. Der Blick auf seine Bilder ist wie eine Flucht, wie ein angenehmes und wohltuendes Entkommen aus der Realität.

Als feststand, dass meine Kommilitonen und ich die diesjährige Peter-Lindbergh-Ausstellung unter dem Titel Untold Stories im Museum für Kunst und Gewerbe am Hamburger Hauptbahnhof besuchen werden, habe ich mich also mehr als gefreut.

Schwarzweißfotografien in überdimensionaler Größe

Für mich war es mein erster Besuch dort. Als ich das Gebäude betrat, war ich zunächst beeindruckt von der Imposanz und Großzügigkeit der Räumlichkeiten. Über eine Wendeltreppe gelangt der Besucher in den ersten Stock des Museums. Mit dem Gang über diese Treppe beginnt Lindberghs Ausstellung: An den runden, gewölbten Wänden hängen seine Schwarzweißfotografien in überdimensionaler Größe, eines neben dem anderen, ohne Platz dazwischen. Ich bleibe auf der Treppe stehen, bin zutiefst berührt von seinem Werk und komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Denn die Bilder erzählen Geschichten – Geschichten von Nähe, Intensität und tiefen Vertrauen der abgebildeten Personen zu ihrem Fotografen.

Lindberghs Leben

Lindbergh ist 1944 in Duisburg geboren. Als junger Mann reiste er viel, unter anderem durch Frankreich, Spanien und Marokko. Zunächst studierte er freie Malerei an der Werkkunstschule in Krefeld. 1971 wandte er sich schließlich der Fotografie zu. Sieben Jahre später zog der Künstler nach Paris. Dort startete seine internationale Karriere. Er begann für namenhafte Magazine wie für die Vogue, die Vanity Fair oder auch The New Yorker zu fotografieren. Schnell fand der Fotograf sein Faible für die Schwarzweißfotografie und ließ sich von frühen deutschen Filmen sowie der Berliner Kunstszene der 1920er Jahre inspirieren. Vor seiner Kamera posierten die ganz Großen wie Mick Jagger, Tina Turner, Madonna, Linda Evangelista und Naomi Campbell. Verstorben ist Lindbergh am 3. September 2019. Er hinterlässt vier Söhne und eine Ehefrau.

Es ist seine zweite Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe. Bereits 1998 stellte er hier in Hamburg aus. Das Besondere an der aktuellen Ausstellung ist, dass Lindbergh diesmal auch die Rolle des Kurators übernimmt. Und diese Aufgabe meisterte er mit Bravour. Insgesamt sind 140 Arbeiten des Ausnahmekünstlers zu bestaunen. Sie reichen von den frühen 1980er Jahren bis in die Gegenwart. Ein Großteil der Aufnahmen dieser Ausstellung wurden bis dato noch nicht öffentlich gezeigt. Andere wiederum wurden von namenhaften Magazinen wie der Vogue oder auch dem Rolling Stone in Auftrag gegeben und veröffentlicht.

Karen Elson vor der Kamera

Besonders angetan bin ich von einer Fotografie von Karen Elson aus dem Jahr 1997 aufgenommen in Los Angeles. Karen Elson ist ein englisches Model und eine erfolgreiche Sängerin. Ich bleibe bestimmt eine Viertelstunde vor dem Bild stehen und betrachte es intensiv und aufmerksam. Die Fotografie zeigt Karen Elson nackt. Sie fängt einerseits auf wunderbare Art und Weise die Verletzlichkeit, die Intimität dieser Frau ein. Andererseits wirkt Karen Elson aber auch sehr stark, sehr selbstbewusst und kraftvoll. Es ist dieser Kontrast, dieser Widerspruch, der das Bild für mich so ausdrucksstark, so intensiv erscheinen lässt.

Ich schlendere weiter durch die Räumlichkeiten, lasse die zahlreichen Schwarzweißfotografien auf mich wirken und stelle wieder einmal fest, dass Lindbergh ein hervorragendes Auge besitzt – ein Auge, welches es ihm ermöglicht, tief in das Innerste seines Gegenübers einzudringen, um dessen Charakter, dessen Persönlichkeit festzuhalten. Er ist ein fantastischer Beobachter, dem es immer wieder gelingt, im richtigen Augenblick auf den Auslöser zu drücken. Dadurch fängt er besondere Momente ein und hält diese mit seiner Kamera für die Ewigkeit fest.

Lindberghs Frauenbild

Was mir bei dem Rundgang durch die Ausstellung auffällt, ist, dass Lindbergh es liebt, Frauen zu fotografieren. Seine Bilder zeigen ganz deutlich, dass der Umgang mit Frauen zu seinen besonderen Talenten zählt. Sie vertrauen ihm und es gelingt Lindbergh dadurch, sie von ihrer verletzlichen Seite zu zeigen, während sie neben Eleganz und Anmut gleichzeitig auch Stärke und Kraft ausstrahlen. Und: Seine Bilder der Frauen offenbaren, dass er auch ein fotografischer Pionier ist. Es ist ihm gelungen, die klassische Modefotografie mit der zeitgenössischen Kultur zu verbinden und gleichzeitig neu zu definieren, neu zu inszenieren. Außerdem ist Lindbergh Zeitzeuge: Die abgebildeten Frauen entsprechen dem klassischen Frauenbild der 80er und 90er Jahre. Sie sind allesamt sehr schlank, fast schon dürr, haben lange Beine und ein hübsches Gesicht.

Ich vergesse alles um mich herum, vergesse die Zeit, den Ort, bin völlig im Bann von Lindberghs Bilder. Sie haben etwas Zauberhaftes, wirken einerseits wie Kunst während sie auf der anderen Seite sehr real sind. Es ist diese Mischung, die mich so fasziniert.

Nach gut zwei Stunden verlasse ich die Ausstellung. Ich kann jedem, der sich für Fotografie interessiert, nur nahelegen, sich diese Sammlung wunderbarer Bilder anzuschauen. Ich bin auf jeden Fall zutiefst beeindruckt von der Kraft, Ästhetik, dem Ausdruck und der Eleganz Lindberghs Bilder.

Die Ausstellung Untold Stories ist noch bis zum 1. November 2020 im Museum für Kunst und Gewerbe am Steintorplatz zu sehen. Das Museum hat Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, am Donnerstag von 10 bis 21 Uhr. Die Karten kosten regulär 12 Euro und ermäßigt 8 Euro. Der Eintritt für unter 18-Jährige ist frei.

Liebe liegt in der Luft! Foto: Hanf! Hamburg

Der Kiez. Unsere Reeperbahn. Unsere Kultur?

Jenny Hanf, 19.06.2020

Pssst, rutscht näher heran, dann verrate ich euch ein Geheimnis! Noch näher! Heute erzähle ich euch etwas über die Sünden in Hamburg. 

Wie ihr ja bestimmt wisst, hat Hamburg einiges an Kunst, Sehenswürdigkeiten und Kultur zu bieten. Dazu gehört auch die sogenannte sündige Meile, unsere Reeperbahn mit dem St. Pauli Theater und der bundesweit bekannten Polizeistation, der Davidwache.

Wir Hamburger sind stolz auf unsere schöne Stadt und wir freuen uns auf Besucher jeder Couleur. Nun kommen die sensationellen Geheimnisse, das ist nichts für schwache Nerven! So unglaublich, dass ich euch jetzt die Gelegenheit gebe, diesen Artikel wegzuklicken, oder die Augen zuzuhalten. Lesen ist wunderbar und ein Teil der persönlichen Freiheit unserer Demokratie. Kann man machen, muss man aber nicht.

Noch da? Schön, weiter im Text. Haltet euch fest.

* Burger King auf der Reeperbahn, gegenüber der berühmten Davidwache, ist nicht die kulinarische Krönung von Hamburg * Die Herbertstraße ist kein Ausflugsziel mit Aussichtsplattform für Selfie-Süchtige * Die Davidwache ist keine Theaterkulisse * Das Waffenverbot ist kein Aprilscherz *

Rückblick. Vor vierhundert Jahren entstand die große Freiheit inmitten der Hansestadt für Matrosen, Reepschläger, also Taumacher und all jenen, die am Rande der Gesellschaft lebten. Der heutige Spielbudenplatz war damals das Zentrum der Zurschaustellung von entstellten, armen Kreaturen, die sich ein Zubrot verdienen wollten. Prostitution und Gaukelei in einem unansehnlichen Stadtviertel, Dreck und Gestank dominierten das illegale Treiben. Mit der Besetzung durch die Franzosen 1723 wurde die Prostitution legalisiert und der Kiez wuchs auf mehreren Ebenen zum Vergnügungsviertel. In den 60er Jahren waren „Sex, Drugs & Rock`n Roll“ an der Tagesordnung, Jimi Hendrix, die Beatles, sie kamen und prägten die 930 Meter lange Reeperbahn.

Die starke Anziehungskraft für Besucher galt nicht nur den Clubs, Theatern und Bordellen, sondern auch Bandenkriege, Frauenmorde, Zuhälter und Drogen färbten das Rotlichtmilieu immer wieder schwarz. Das Verruchte wurde gesellschaftsfähig, getrieben von Neugier und Schaulust.

Das mehrschichtige Leben im Dunkeln pulsierte, legal oder illegal und die Besucherzahl wuchs und spülte Unmengen Geld in unsere Kassen. In den 80ern kam Kultur und mit ihnen die kultigen Docks, die Theater, prominente Schauspieler gaben unserem Kiez ein Gesicht. Otto Normalverbraucher gönnten sich in schummrigen Bars Striptease von der Stange und genossen die Reeperbahn, so wie sie war – bunt, vergnüglich, kultig mit käuflichem kurzweiligen Glück. Ein verruchtes, schillerndes Plätzchen, direkt an der Elbe inmitten unsere schönen Hansestadt.

Heute fluten bis zu 30 Millionen Besucher im Jahr die Straßen von St. Pauli, größtenteils Touristen, die mittlerweile zur Horde Schaulustiger geworden sind. Der Promillewert jenseits von Gut und Böse, dank der 57 Kioske, die gerne flaschenweise Alkohol an Feierlustige verkaufen. Es wird die „Kiosk Epidemie“ genannt, dazu kommen 40 Bordelle, 26 Diskotheken und 10 Sexshops. Das Kulturgut Theater kann man an einer Hand abzählen, und diese kämpfen um jeden zahlenden Gast. Dafür explodieren die Rotlicht-Stadtführungen, geführt von regional bekannten Drag Queens wie Lilo Wanders oder Olivia Jones. Man erkennt Touristen leicht, in Jack Wolfskin Jacken eingehüllt, das Smartphone auf Augenhöhe, bereit für einen Schnappschuss. So einige Prostituierte sind ja fotogen. Ob sie wollen oder nicht. Höhepunkt der Stadtführungen ist das Eingangstor zur Herbertstraße, dort arbeiten 250 Frauen als Prostituierte und bieten ihre Dienste in Schaufenstern an. Ein Tor mit der Aufschrift: „Für Jugendliche und Frauen ist der Zutritt verboten“ verschließt neugierige Einblicke. Das hält nur wenige Frauen ab, den Ehemann im Schlepptau, sich der Sensationsgier hinzugeben.

Nun, das nennt sich wohl individuelle Freizeitgestaltung.

Wie komme ich eigentlich auf die absurde Idee, unsere bunte Kiez Kultur wäre gefährdet?

Der Bezirksamtschef Falco Droßmann (SPD) sieht zwar die vielfältige Kultur auf St. Pauli bedroht, zitierte aber: „Das alte St. Pauli verschwindet leider langsam, der Kiez müsse sich selber neu finden. Es liegt nicht an der Stadt, sondern die Grundeigentümer setzen die Kulturlandschaft auf dem Kiez aufs Spiel, weil versucht wird jeden Quadratmeter in Geld umzuwandeln.“ Ich dachte immer, Stadtplanung und Vergabe von Konzessionen seien Aufgabe der Politik, aber vielleicht steht dem guten Willen die Gewerbesteuern im Weg? Immerhin ist der Umsatz von Alkohol lukrativer als die der Kleinkunstbühnen. Ja, es gibt die Gewerbefreiheit, also freies Unternehmertum, aber auf wessen Rücken wird das ausgetragen?  Zudem lockerte der CDU Senat  die Ladenschlusszeiten auf unserem Kiez für die Kioske und Supermärkte, und tröpfelte damit Öl ins Feuer.

Das erinnert ein wenig an “Panem et circenses” – Brot und Spiele für das Volk, besser gesagt Dosenbrot und Doktorspiele, um diese von Protesten abzuhalten und sich zu sehr für Politik zu interessieren.

Wir sind das, was wir konsumieren. Wäre es nicht wunderbar, das schillernde Spektrum zu erhalten und wir vorher überlegen, wie wir unser sauer verdientes Geld investieren?

Was wird aus der sündigsten Meile Hamburgs, wenn sich weiterhin Fast Food Läden, Souvenir- und Sex Shops sowie Kioske nahtlos aneinander reihen?

Unsere Reeperbahn! Unsere Kultur. Unser Konsum? Unsere Entscheidung!

BildKolumne

Lecker, lecker Gewinnspiel! Keeeekse und Kuchen rufen….

Redaktion, 30.09.2019

Tja, was soll ich sagen? Es klingt wie eine Modemarke für Sport oder sowas. Aber wenn man erstmal davorsteht, läuft etwas ganz anderes…. Das Wasser im Munde!!! 

Bei Keex & so gibt es nämlich Kekse…. und so. Und das ziemlich originell. Jetzt fragst du dich, wo gibt’s die? Doch dazu gleich. Jeden Freitag auf dem Isemarkt steht Kerstin Pinkepank mit ihrem kleinen Stand, gefüllt mit den leckeren Köstlichkeiten und anderen schönen Dingen, die alle in irgendeiner Art und Weise an Hamburg erinnern. Alles ist persönlich von Kerstin kreiert und liebevoll ausgestellt.

Und 10 dieser Hamburger Leckereien kannst du übrigens gewinnen.

Eigentlich arbeitet sie ja im familieneigenen Grafikbüro. Und freitags geht’s dann gemütlich auf den Isemarkt in Hamburg. Das bietet sich an, da sie mit ihrem Mann nicht nur das Büro dort leitet, sondern auch in der Nähe wohnt.  Doch sie wollte mehr…. mehr Leckeres. Und das nicht nur für sich selbst. Nein, sie möchte auch andere dafür begeistern. Kerstin träumte. Von einem eigenen kleinen Stand auf dem Markt. Mit eigenen, entworfenen Sachen.

Sie überlegte und überlegte und entwarf neben dem Beruf ihre Produkte. Dafür ließ sie es sich nicht nehmen, die Familienrezepte in Form der kleinen Gugelhüpfer am Spieß oder von Fisch-Keeksen, in die Öffentlichkeit zu bringen. Gebäck, kleine Kuchen, Leckereien und einfach Dinge, die jeder – auch du -  schön findet und ja auch immer gebrauchen kann.

Ich bin mir sicher, dass auch deine Familie am Starnberger See, im kohledurchtränktem Ruhrgebiet oder im wunderschönen dunklem Thüringer Wald sich sehr über ein Carepaket aus Hamburg freut! Oder du machst beim Gewinnspiel mit.

Zum Gewinnspiel geht es hier entlang https://www.instagram.com/kolumnehamburg/  Oder hier  https://www.facebook.com/KolumneHamburg

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Überraschender Sci-Fi Thriller mit Hilary Swank

Jenny Hanf, 22.08.2019

Die Menschheit ist ausgestorben, die Erde unbewohnbar. Einzige Überlebende: Ein kleines Mädchen. Sie wird liebevoll in einem Bunker aufgezogen. Von einem Roboter. Liebevoll? 

Ein Bunker ist das Zuhause von der „Tochter“, gespielt von der jungen Clara Rugaard. Die „Mutter“, ein Android, zieht scheinbar menschlich das einzige Lebewesen groß – ein ausgewählter Embryo aus einem riesigen Inkubator. Die „Tochter“ genießt eine strenge Ausbildung in einer einsamen Welt. Die Menschheit ist ausgestorben, die Erde unbewohnbar.

Bis zu dem Tag als die „Besucherin“, gespielt von Hilary Swank, verzweifelt und blutüberströmt an die Außentore des Bunkers hämmert. Ist das Leben der „Tochter“ eine Lüge?

Die visuellen Effekte sind überwältigend, so manche Szene ist eine düstere und skurrile Zukunftsversion unserer Erde. Schön und gleichzeitig beängstigend wurde die Welt ausserhalb vom Bunker vom Produktionsdesigner Hugh Bateup wirkungsvoll kreiert. Science Fiction Fans werden sich an „Starship Troopers“, „Krieg der Welten“ und an „Moon, die dunkle Seite“ erinnern, somit ein Muss für Anhänger dieser Filmsparte. Die phantastische Hilary Swank verleiht dem Film das Menschliche, das Verletzliche auf einem kalten, bildgewaltigen Schauplatz.

Hier endet die gute Kritik.

So gut die visuellen und akustischen Effekte sind, so wunderbar Hilary Swank ihre Rolle spielt, so mager ist die Umsetzung der Geschichte. Die Hauptdarstellerin Clara Rugaard ist sympathisch, aber es fehlt etwas an Substanz und Tiefe, denn immerhin ist es als Kind fast unmöglich ohne menschliche Nähe zu überleben – da kommt das schauspielerische Talent von Clara wenig zur Geltung. Das sehr Unrealistische mag Absicht sein, aber später wenn die „Mutter“ sich auf einen Barhocker setzt, wird man als Zuschauer stutzig. Warum setzt sich ein Roboter hin wie ein Mensch es tun würde? Ist es überhaupt ein Roboter? Der Film wirft immer wieder Fragen auf, unser Verstand verlangt nach Erklärungen.

Wer Insider, Fan oder Anhänger dieser Roboter – Androiden – Weltuntergangsvisionen – Independent Filme ist, hat wahrscheinlich weniger Fragen, dafür mehr Freude an diesem Film. Der Sci-Fi Thriller hat eine gute Idee als Basis, Hilary Swank hätte besser „Tochter“ spielen sollen, die inhaltliche Umsetzung etwas langweilig und stellenweise unlogisch, dafür ist die technische Umsetzung bombastisch und sehenswert.

Der amerikanisch – australische Science Fiction Thriller wurde Januar 2019 beim Sundance Filmfestival in Salt Lake City vorgestellt. Das Drehbuch ist von dem Regisseur Michael Lloyd Green. Robert Redford hat vor über 40 jähren das Sundance Festival ins Lebens gerufen um Drehbuchautoren und Regisseure zu fördern, unabhängig von der großen Filmindustrie.

 

Opium Magazin, Foto: Henke Relations GmbH

Opium in den Hamptons von Deutschland

Jenny Hanf, 08.08.2019

Nicht drängeln! Wer Opium will, muss sich artig an der Kasse anstellen. Um einen Hauch von Glamour, Lässigkeit und Blitzlicht zu erhaschen.

Ja, Opium, richtig gelesen. Die Hamburger haben mehr als „Moin Moin“, “Butter bei die Fische“, Schiffe im Hafen und Kiez.

Das kultige Hochglanzmagazin „Opium“ ist ein Coup von der PR Agentur Henke Relations GmbH. Panikrocker Udo Lindenberg ziert imposant das diesjährige Cover der Printausgabe. Der berühmteste Gast des Hotel Atlantic steht im Interview Rede und Antwort – amüsant, schräg und absolut lesenswert.

Die Themen des Magazins sind so vielfaltig wie unsere Hansestadt Hamburg selbst. Sports & Healthy, Society, Business & Money, Art & Design, Living  und natürlich Events. Erstklassige Veranstaltungen sind das Steckenpferd von Gunnar Henke und seiner Hamburger Agentur Henke Relations. Die Gala Premiere von Zirkus Roncallli, Media Entertainment Night, Media Summer Lounge, Black Stallion Dinner, Hamburger Immobiliennacht – nur um einige zu nennen. „Henke Relations moderiert die Botschaft zwischen Kunden und Öffentlichkeit mit einem breiten, anspruchsvollen und modernen Spektrum”, beschreibt der Geschäftsführer sein Metier.

Dadurch weht ein Hauch von Glamour in unserer schönen Hansestadt. Glitzer und Blitzlichtgewitter. Geladenen Gäste können sich auf das V.I.P. Event „Porsche Summer Lounge“ am 10. August in Scharbeutz an der Ostsee freuen. Der PR – Unternehmer organisiert mit seinem Team auch diesen Tag für die V.I.P.’s, standesgemäß gefeiert wird im Szenelokal Hamptons. So is’ es… die erste verdiente Million ist eben die Schwierigste.

Und bis dahin kann man „Opium“ in die Hand nehmen, schwelgen und träumen.
Von einem neuen Sportwagen vielleicht? Oder von lauen Sommernächten am Strand, tanzend zu weichen Beats mit einem prickelnden Getränk in der Hand. Auch diese Abende sind es, an die man sich irgendwann zurückerinnert. Abende, die süchtig machen.

Ausstellung Bee Chapel in der Hafencity

Summendes Kunst-Event im Herzen der Hafencity

Astrid Multicultipress, 08.08.2019

Lebewesen als Installation – ist das wirklich möglich? Entscheiden Sie selbst und betrachten Sie das lebende Kunst-Objekt. 

Ein Blumen-und Kräutergarten, der bei diesen heißen Temperaturen zur Ruhe und Entschleunigung einlädt. Eine ungewöhnliche Skulptur namens Bee Chapel, die dem Besucher die Möglichkeit bietet, ein ganzes Bienenvolk hautnah zu erleben. Durch ein Netz getrennt können die Insekten für den Betrachter nicht gefährlich werden. Wann bietet sich schon einmal die Gelegenheit,  das summende Volk in Ruhe bei der Arbeit zu betrachten, ohne dass es weh tut? Ihren Geräusche zu lauschen, ihren Honig zu riechen, ihre Bewegungen zu beobachten. Möglicherweise hat diese Begegnung sogar etwas Meditatives.

IMAGE THE CITY. Ein Projekt beschreitet neue Wege.

Wer ist dieser Mensch, der sich so virtuos-verrückte Kunstobjekte ausdenkt? Sein Name ist Terrence Koh. Der chinesisch-kanadische Künstler beschäftigt sich schon länger mit Nachhaltigkeit, Natur und Urban Gardening. Sein Ziel: gesellschaftliche Veränderungen bei seinen Mitmenschen bewirken. So auch in seinem neusten Projekt, in dem er sich neben Blütenstaub und Bienenzucht auch mit alternativen Lebenskonzepten kognitiv auseinandersetzt.

Die Installation Bee Chapel realisierte der 42-jährige erstmalig 2015 auf seinem Anwesen im Norden von New York. Nun ist Koh erstmals auch damit in Europa  zu sehen. Der Künstler war zur Eröffnung in Hamburg persönlich vor Ort. Üblicherweise nächtigt er in einem umgebauten Bootshäuschen, das dem Künstler als Rückzugsort dient. Eine 5.70 Meter lange Jolle, Pirat genannt, die Platz zum schlafen, kochen und für die Bewirtung von Gästen bietet. Tee gibt es gratis, vom Meister persönlich zubereitet.

Warum ausgerechnet Bienen?
Wir verzeichnen eine Unterdeckung in der Bestäubung von bis zu 75 Prozent (Quelle: EU Kommission). Die Ernten weltweit sinken in den letzten zehn Jahren drastisch. In China bestäuben Bauern mittlerweile per Hand ihre Pflanzen. Die Probleme sind dramatisch. Umso wichtiger, hinzuschauen und sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das können Hamburger und unsere Gäste noch bis zum 31. August.

Ausstellung
Störtebeker Ufer, Hafen City, 20457 Hamburg
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr

Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg, Foto: Karl-May-Festspiele

Raus aus der Provinz, rauf auf’s Pferd

Astrid Multicultipress, 24.07.2019

“Es geht darum, dem Alltag zu entfliehen, mal richtig abschalten, in eine andere Welt zu tauchen, abgeschottet von der Außenwelt auf einem sehr intensiven Level”, so die kochende, marzipantortenkreierende Indianerin Mona Stange. 

Mona Stange bekommt ihr Leben auf vielen Ebenen gebacken. Nicht nur, dass die hübsche Hobbybäckerin unwiderstehliche Marzipantorten kreieren kann. Auch in ihrem zweiten Hobby, dem Reiten, erlebt die 24 Jährige mit den strahlend blauen Augen Einzigartiges: Sie ist eine der zwölf Reiterstatisten bei den  Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg. Schon zum vierten Mal jagt Mona Stange als Indianerin durch die Arena.

Hinter dem Indian Village, der nachgebauten Wildwest-Kulisse, liegen die Pferdeställe. Dort herrscht unter vornehmlich jungen Leuten ein reges Treiben. Um 12 Uhr treffen sich die Darsteller zu den Vorbereitungen der Vorstellungen, die jeweils um 15 und 20 Uhr stattfinden. Im Stall wird geputzt, gestriegelt, gesattelt, gezäumt. Rund 40 Pferde müssen für das große Event fertiggemacht werden. Ein Tier wird in die Waschbox geführt und einshamponiert. Einige andere Vierbeiner stehen bereits draußen am Halfter angebunden.

Im Alltag ist Mona Stange Lehramtsstudentin (Biologie und Englisch Gymnasialstufe) in Kiel. Zuhause ist sie in der Nähe von Bad Oldesloe, wo sie auch eine Reitbeteilung hat. Raus aus der Provinz. Das ist Multitalent Mona Stange gelungen. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Jan ist sie rezent nach Hamburg gezogen. Genauer gesagt nach Hamburg Hamm, wo sie das Glück hatte, eine  50 Quadratmeter große Genossenschaftswohnung zu bekommen.

“Bei Ikea Moorfleet waren wir eine zeitlang Stammkunden, wir haben unser Nest zusammen eingerichtet”, strahlt die junge Studentin. Und tatsächlich vermittelt die gepflegte, geschmackvoll eingerichtete Wohnung viel Ambiente  und Liebe zum Detail. Harmonisch angeordnete Fotografien und Bilder  zeugen von einem bunten, ausgeglichen Leben mit einem intaktem, fröhlichen Familien-Background. Ein auf Leinwand kaschiertes Bild sticht besonders ins Auge. Es zeigt Mona im Januar 2017 in Rastede, ein kleiner Ort in der Nähe von Bremen. Dort findet alljährlich das M.P.S. Phantasiespektakulum statt. Ein Mittelalterfestival, wo sich Ritter und Fabelwesen an der Taverne (Schenke) zu ausgeklügelten Rollenspielen treffen. Das Foto zeigt Mona im grünen Elfenkostüm. Mit niedlich abstehenden Ohren lacht die joviale Jugendliche sprichwörtlich von einem Ohr zum anderen. Daneben ihr Freund Jan, der aussieht, als wäre er eine fleischgewordene Computerspielfigur. “Jan macht beim sogenannten Costplay mit. Ein Spiel, bei dem sich die Teilnehmer wie Comicfiguren verkleiden”, erklärt mir Mona, während sie sich mit hochgezogenen Knien und heiß-dampfenden Kaffee auf dem Sofa flegelt. Ja natürlich, die Herstellung der Kostüme sei eine aufwändige Sache. Denn alles muss selbst produziert werden, von dem Gewand bis zur Rüstung.

Nicht umsonst hat Mona schon den ein oder anderen Gewandungswettbewerb gewonnen, eine große Anerkennung und Ehre unten den Mitstreitern  dieser nerdigen Szene. Fragt man die junge Dame, wie und in welchem Zeitraum man so etwas hinbekommt, muss Oma herhalten. “Meine arme Omi”, jammert Mona rückblickend und verdreht theatralisch die Augen, “Rund um die Uhr musste die alte Dame ran, wir haben zusammen drei Wochen ohne Unterbrechung am Stück genäht, gebastelt, geschwitzt, jeden Tag”. Als Nähanleitung diente nur ein fertiges, mittelalterliches Schnittmuster, dass Oma und Enkelin kreativ abwandelten.

Szenenwechsel: zurück zu Monas aufregender Karl-May-Rolle. Wie ist sie dazu gekommen? “Eher zufällig”, gibt die junge Reiterin breitwillig Auskunft. “Meine Schwester hat mich auf eine Zeitungsannonce aufmerksam gemacht, dass Reiterstatisten  gesucht werden”. Erinnerungen über Winnetou und seine Schwester Nacho-tschi werden wach. “Mein Vater ist bis heute Karl-May Fan”, erklärt Mona. Bei der Generalprobe sitzt er in der ersten  Reihe und feuere sie “super aufgeregt” an. Ebenso begeistert ist ihre zweijährige Nichte, die auch schon vom “Pferdevirus” infiziert sei.

Wenig später schlendert Mona Stange zu den Boxen. Die Pferde buhlen mit gespitzten Ohren um ein Leckerli. Alle, nur eines nicht. “Der Fuchs” oder “Brauni”, wie der hellbraunen Wallach genannt wird, legt seine Ohren flach zurück. Ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass ein Zweibeiner seine Komfortzone stört. “Der ist heut schlecht gelaunt”, streichelt Mona seine Nüstern und lächelt nachgiebig. “Der Fuchs” ist nur bei einem lammfromm- und das ist Rainer Steve,  der seit 30 Jahren einen eigenen Hof besitzt und der den Wallach als eines seiner Kutschpferde fest im Griff hat. Neben den Kutschpferden  gibt es noch die sechs Stuntpferde, die von einem separaten Team betreut werden.

Stolz präsentiert Mona Stange ihre “Kara”, ein braun-weiß geschecktes Indianerpony, wie aus dem Bilderbuch. Das freundliche, verschmuste Tier ist die einzige Stute unter den 50 tierischen Statisten. Nur eine Sache mag sie überhaupt nicht leiden: wenn jemand zu nahe an ihr Hinterteil kommt.

“Für mich ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen”, schwärmt Mona Stange über ihre Premiere bei den Karl-May-Festspielen. Sie war “super geflasht”, als sie 2015 ihren Jungfernritt antrat. Vor allem das Miteinander des Teams imponiert ihr noch immer. Die Atmosphäre inmitten rauchender Colts, galoppierenden Pferden und Rothäuten, Explosionen und packenden Zweikämpfen sei sehr familiär. Die Gage, einmalig 4000 Euro, spiele dagegen keine so große Rolle. Viel eher geht es darum, dann und wann aus dem Alltag auszusteigen und eine komplett andere Rolle einzunehmen.

Die der reitenden Indianerin. Oder die der liebenswerten Elfe, die im Gegensatz zu den Büchern von “Herr der Ringe” nicht mit den “Orks” verfeindet ist. Statt Animositäten reichen sich schwarze “Orks” und weiß-silbrige Feen und weitere Fabelwesen zum gemeinsamen Feiern und friedlichen Austausch die Hand.

“Es geht darum, dem Alltag zu entfliehen, mal richtig abschalten, in eine andere Welt zu tauchen, abgeschottet von der Außenwelt auf einem sehr intensiven Level” erklärt Mons Stange den Grund und die Triebfeder ihres Tuns.

Langsam versteht man, wie die junge, kreative Frau tickt. Dass sie trotz der Pest und dem Schrecken des Mittelalters archetypischen Strukturen und die Symbolik von Mythen und Märchen aufrecht erhalten will. “Let your heart be light” ist die Botschaft auf ihrem Social Media Account. Nerds wie Mona (Plural Nerdecke) haben ein magisches, aber mental-vernünftiges Mind-Set, dass auf Respekt und Toleranz gegenüber seiner Mitmenschen basiert. Und sie beweisen, dass entgegen aller Klischees Nerds nicht immer menschenscheue Computerfreaks sein müssen. Sondern das eine Affinität zum Außergewöhnlichen auch eine durchaus emphatische Sache mit viel Spaß sein kann.

So wie auch jetzt bei den Reiterspielen. Wenn die Vorstellung um 15 Uhr beginnt, reiten die Statisten um 14 Uhr mit den gesattelten Pferden zur Hinterbühne und halten sich  bereit. Natürlich verspüre man Lampenfieber, wenn die letzte Fanfare ertönt, so Mona Stange. Die Aufregung  des Publikums übertrage sich. Mit dem Beifall am Ende weiche die Anspannung. “Ein schönes Gefühl, wenn man so bejubelt wird”, gesteht die Stormanerin mit einem charmanten Lächeln. Das Besondere sei, dass rund um den Kalkberg alle miteinander Spass am Job hätten.”Gleichgesinnte, alle vom Karl-May-Virus infiziert” fasst Mona das idealistische Work-Flow-Konzept ihrer Kollegen zusammen.

Wird sie auch im nächsten Jahr wieder dabei sein? “Wohl eher nicht”, blickt Mona dem Ende ihrer Studienzeit entgegen. Dieses Jahr macht sie den Master und arbeitet zusätzlich noch in der Eventagentur ExperiArts Entertainment in Hamburg. Dort betreut sie das Gästemanagement für eine große Charity-Reiter-Veranstaltung. Sie nimmt Anmeldungen entgegen und berät die Teilnehmer. Ihr Chef heißt  Thill Demtrøder. Kommt Ihnen dieser Name bekannt vor? Yes. Yep. Bingo. Er hat 2016 bei den Karl-May-Spielen den Old Shatterhand gespielt. Seite an Seite hat er mit  Mona eng zusammengearbeitet hat. Und half ihr, in das Eventbusiness einzusteigen.

Der Kreis schließt sich. Zu einem holistischen, harmonischen Ganzen. Ganz wie es dem positiven Mindset der multitalentierten, kreativen und eloquenten Persönlichkeit von Mons Stange entspricht.

In der 17.000 Quadratmeter großen Freilichttheater am Kalkberg in Bad Segeberg sind zum 68. Mal die Karl-May-Spiele zu sehen. Bis heute haben schon mehr als 11,5 Millionen Menschen die rund 3.500 Vorstellungen besucht.  80 Mitwirkende zeigen mit 25 Pferden unter anderem spektakuläre Stunts und eine atemberaubende Pyrotechnik. Die Saison dauert vom 23. Juni bis 2. September 2019. Die zweistündigen Vorstellungen beginnen donnerstags, freitags und Sonnabends um 15 Uhr und 20 Uhr, sowie sonntags nur um 15 Uhr. Karten kosten 13 bis 29,50 Euro. Sie können über die Ticekthotline 01805/95 21 21 und im Internet unter www.karl-may-spiele.de reserviert werden. C. Astrid Mohné, Multi-Culti-Press

Kabarettist Felix Oliver Schepp, der Traum aller Schwiegermütter! Foto: Jenny Hanf

Von Schwiegersöhnen und Klabautermännern

Jenny Hanf, 22.05.2019

Wer zum Teufel ist auf die Idee gekommen, bei diesem nasskalten Wetter vor die Tür zu gehen? Ach, das war ja ich.

 
Zähneklappernd warte ich auf den Bus gen Hamburg City, genauer gesagt Nicolaifleet. Einen schönen Abend mit Freunden verbringen, Speis, Trank und Kultur, die Wahl fiel auf „Das Schiff“ - das einzige seetaugliche Schiffstheater Europas.

Seit 40 Jahren begeistert das schwimmende Theater mit Kabarett und Kleinkunst auf höchstem Niveau. Solo Programm „Hirnklopfen“ des Kabarettisten und Chanson Sängers Felix Oliver Schepp. Hirnklopfen, mein erster abstruser Gedanke: Schlaganfall? Tourette Syndrom? Ich kenne Felix von anderen Kulturabenden, als Moderator hat er ein unglaubliches Talent Menschen zusammen zu bringen und in eine Stimmung zu versetzen, die man erlebt haben muss. Aber einen ganzen Abend? Felix, Typ perfekter Schwiegersohn, passt nicht so recht in meine Vorstellung eines scharfzüngigen Kabarettisten. Zu dritt und frisch gestärkt gehen wir aus einem Restaurant über die Straße zur Nicolaibrücke, die Kulisse ist unauffällig und beeindruckend zugleich. Auf der einen Seite blitzt unsere Elbphilharmonie hinter den Hausfassaden hervor, auf der anderen die Nicolaikirche. Eine Bilderbuchszene, Hamburg bei Nacht, mittendrin das beleuchtete Theaterschiff, ruhig liegend im Fleet. Mehrere Stege verbinden das Schiff mit dem Festland. Von barrierefrei kann keine Rede sein, eher Akrobatik a là Cirque du Soleil.

Unfallfrei angekommen werden wir vom Intendanten, Heiko Schlesselmann, empfangen. Er sitzt in einem Verschlag am Eingang, kaum größer als eine Streichholzschachtel, und kümmert sich um die Eintrittskarten und die zahlreichen Fragen der ankommenden Gäste. Ich muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass dieses Theaterschiff seine Herzensangelegenheit ist. Es ist kuschelig warm, das urige Innenleben des Theaters erinnert an ein Tivoli Anfang der 20er Jahre. Meine Begleiter, Katharina und Oliver, waren noch nie hier und zücken sogleich ihre Smartphones, um Erinnerungsbilder zu machen. Alte Schiffsglocken, antiquarische Blechschilder mit skurrilen Verboten, Fotografien von Unterstützern und Freunden des Theaters zieren jeden freien Fleck vom Unterdeck. Ja, das Unterdeck mit kleinen Bullaugen, aber eben im Bauch des Schiffes. Unauffällig schiele ich gen Notausgang, wissentlich, dass es an diesem Abend mehr als gemütlich werden wird. Ich fühle es regelrecht, es ist wie ein Dreier-Sofa und fünf Familienmitglieder quetschen sich dazu, ist ja so schön…Das Unterdeck füllt sich, nach und nach trudeln die Gäste ein und suchen sich ihren Platz auf den ergonomisch interessanten Stühlen.

Das fröhliche Gemurmel ist ansteckend, Platzmangel fördert definitiv das Miteinander und Zugehörigkeitsgefühl. Ich bin sehr gespannt, denn ich bin kulturell verwöhnt – ich habe im Laufe der Jahre viele Bühnenauftritte verschiedenster Künstler erleben dürfen – auch auf dem Theaterschiff. Das Gemurmel in den Stuhlreihen legt sich langsam, alle Blicke zur Bühne gerichtet – sie ist so groß wie ein Klavier. Und ach, da steht ja auch ein Klavier. Mit Donnerbräu gewappnet genießen wir fast zwei Stunden wortgewaltige, kabarettistische Gratwanderungen zwischen poetischer Alltagscomedy und virtuosen Klavierklängen. Mir schießen die Tränen in die Augen vor lachen, der Felix, der jungenhafte Schwiegersohn, einfach unglaublich. Beim Klabautermann! Er wird doch nicht dieses heikle Thema aufgreifen?

Kann er einfach … ?

Doch, er kann. Und er wird.

Ein Virtuose auf der Bühne. Chapeau! Auf dem Weg nach Hause komme ich nicht umhin festzustellen, dass die gnadenlose Kälte von unten durch die Hosenbeine heraufkrabbelt. Macht aber nichts. Von innen ist mir entsetzlich warm, gefüllt mit Gags und musikalischen Ohrwürmern.

Demütig ziehe ich meine Wollmütze und verneige mich ganz tief vor so viel künstlerischem Talent.

In Hamburg sagt man Tschüss!
Dass heißt “Auf Wiedersehen”,
das klingt vertraut und schön,
und wer einmal in Hamburg war,
kann das gut verstehn`