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World Press Photo Ausstellung nur noch bis Sonntag

3. Platz Einzelfotos in der Kategorie "Natur"

von Anja, 30.05.2018

Menschliche Abgründe, fragliche Praktiken und ein ganz besonderes Waisenhaus: ein Querschnitt der Welt in einem Raum.

Nur einen Augenaufschlag Zeit den Auslöser zu drücken und den Moment festzuhalten. Mit nur einem Bild so viel wie möglich erzählen und dem Betrachter Emotionen entlocken.

Das ist 42 Fotojournalisten ganz besonders gut gelungen. Dafür wurden sie beim mittlerweile 61ten World Press Photo Contest 2018 ausgezeichnet. Bis zum 3. Juni 2018 habt ihr die Möglichkeit euch die Gewinner der acht Kategorien anzusehen. Im Verlagshaus Gruner + Jahr Hamburg sind die prämierten Einzelbilder und Serien ausgestellt.

Selbst in Lebensgefahr noch einen klaren Kopf behalten und sich gegen seinen Instinkt, dem Fluchttrieb, zu stellen. Beim Anblick menschlicher Abgründe nicht zusammenbrechen und weiter dokumentieren. Der Welt zeigen was schief läuft. Da ist ein wunderschönes Naturfoto gleich wie Urlaub für einen Fotografen: sollte man meinen. Und ja, zwischen Müllbergen, sterbenden Wäldern und dressierten Äffchen kann man auch die schönen Seiten der Natur finden. Da wäre der fliegende Fisch von Michael Patrick O’Neill oder die eindrucksvolle Fotoreihe von Thomas P. Peschak. Einige dieser spektakulären Aufnahmen könnte man sich sogar über die Couch hängen. Wie die Bilderserie von Ami Vitale, die das tägliche Leben eines besonderen Waisenhauses zeigt. Dort werden Elefantenkälber rehabilitiert und später in die Wildnis zurückgebracht. Herzerwärmende Aufnahmen, die bei anschließender Überlegung aber eine Frage aufwerfen:  Ist es nicht uns Menschen anzurechnen, dass sie diese Hilfe nötig haben? Wäre diese Auffangstation ohne das drastische Eingreifen in die Natur notwendig? Unter dem Bild eines Weißkopfseeadlers der Fleischreste aus einer Mülltonne frisst, erfährt man von seinem Comeback nachdem er bereits kurz vor dem Aussterben stand. Dies konnte erfolgreich verhindert werden. Anscheinend so gut, dass er bereits als „Dutch Harbor Taube“ bezeichnet wird. Beim Lesen der Zeilen kommt einem ein Wort in den Sinn: Plage. Man möchte es wohl nicht aussprechen und so hinterlässt auch dieses Foto einen faden Beigeschmack, obwohl es einen Erfolg darstellt.

Von einem Extrem ins andere. Zumindest fühlt es sich zeitweise so an, wenn man durch die Ausstellung schweift. So auch bei der Serie über das “Bügeln von Brüsten” pubertierender Mädchen in Kamerun. Heba Khamis dokumentierte die für die Mädchen gesundheitsschädigende Prozedur. Sinn sei es, sie vor Vergewaltigung oder sexueller Belästigung zu schützen. Eine Praktik, die nicht minder schlimm ist, als der Grund, weshalb sie durchgeführt wird.

Einerseits im Kriegsgebiet den Menschen beim Sterben oder Töten zuzusehen, sich dem zu stellen, was wir unserer Erde antun, oder andererseits die Schönheit unseres Planeten festzuhalten; beides bedeutet harte Arbeit für Journalisten. Jedes Jahr können sie diese dann einer Jury präsentieren. Es gibt natürlich Regeln für die Teilnahme am Wettbewerb, die nur professionellen Fotografen, mit einem gültigen beruflichen Status vorbehalten ist. Dieses Jahr wurden 73.044 Aufnahmen von 4.548 Fotografen aus 125 Ländern eingereicht. Schwer, sich da für einen Sieger zu entscheiden.

Die Bilder sind hart, interessant, schockierend, wachrüttelnd und zum Teil auch surreal. Ertrunkene Kinder bedeckt mit Tüchern bringen den einen nah an seine emotionalen Grenzen, den anderen lässt dieses Foto irgendwie kalt. Vielleicht sind wir zu abgestumpft. Vielleicht ist es die Masse an Grausamkeiten. Vielleicht ist es die Hilflosigkeit, die uns die Augen verschließen lässt.

Doch dieser Contest wird dafür sorgen, dass wir sehen, diskutieren, Lösungen suchen und vor allem eines, dass wir nicht vergessen. All diese Schicksale bleiben im Gedächtnis. Und vielleicht werden wir dadurch den Willen entwickeln, vieles besser zu machen. Also wagt einen Blick und seht euch die Momente an, in der die Welt für einen Augenblick stillstand. Es gibt Nichts zu verlieren, außer die rosarote Brille.