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Der Unfall Natascha Kampusch

Natascha Kampusch, Foto: Kristof Gyselinck / Dag Allemal

von Gila Thieleke, 25.02.2013

Am 28. Februar kommt der  Film “3096 Tage” in die Kinos. Und wieder flackert in Medien und Gesellschaft eine Diskussion auf über die junge Frau und ihren Umgang mit den Erlebnissen. Natascha Kampusch ist unser Unfall, an dem wir mit 20 km/h vorbeifahren wollen…

Natascha Kampusch ist kein Opfer. Sie bricht nicht zusammen, sondern zeigt Selbstbewusstsein, demonstriert Stärke. Wir sehen eine Frau, die in unserer Vorstellung gebrochen sein müsste. Wir können mit ihrer Stärke nicht umgehen. Vermutlich, weil wir uns selbst diese Stärke nicht zutrauen würden. Wir fragen uns, wieso man ihr das Leid nicht ansieht. Wie sehr sie innerlich leidet – unvorstellbar. Besonders in Österreich ist das Verständnis für die Medienpräsenz der 25-Jährigen größtenteils gering. Gesellschaft und Medien meinen das Recht zu haben, diese Frau beurteilen und sogar verurteilen zu dürfen. Wir haben nicht das Recht zu urteilen!

Natascha Kampusch ist unser Unfall, an dem wir mit 20 km/h vorbeifahren wollen, um die Zerstörung mit eigenen Augen zu sehen. Ein Unfall, nach dem sich einige scheinbar insgeheim erschrocken dabei erwischen, wie sie sich erstaunt und vielleicht sogar enttäuscht umdrehen, weil im Rückspiegel nur ein kleiner Blechschaden sichtbar ist. Dass wir im Falle von Natascha Kampusch nicht weggucken, ist gut so! Dass wir uns wünschten, den ganzen Schaden zu sehen, ist eine Schmach.