Rezension: Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit
von Redaktion, 18.08.2014
Wenn Stille und Einsamkeit unsere Sinne schärfen und uns die Welt intensiver wahrnehmen lassen…
Die britische Dramödie „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ von Produzent Uberto Pasolini („Machan“, „Ganz oder gar nicht“) handelt vom überaus korrekt lebenden Einzelgänger John May, der sich als Sachbearbeiter im Bestattungsinstitut um Verstorbene kümmert. Menschen, die (genau wie er auch) in völliger Isolation gelebt haben und deren Angehörige sich nicht auffinden lassen, bekommen von Mr. May (so wird die Hauptfigur im Film genannt, da „John“ keine privaten Beziehungen führt) ganz besondere Zuwendung. So schreibt der empathische Londoner anhand seiner aufwendigen Recherchen Trauerreden, die für den einen oder anderen Schmunzler sorgen und erscheint gleichzeitig als einziger Zuhörer auf den Beerdigungen. Alles im Leben des John May ist bis ins kleinste Detail geplant, doch dann bringt ein außergewöhnlicher Fall den routinierten Mr. May völlig aus dem Rhythmus.
John May lebt allein in einem kleinen Apartment. Mays Recherche, die fast schon an Detektivarbeit grenzt, regt zum Nachdenken an, aber nicht nur der Zuschauer durchdringt im Laufe des Films das Thema Einsamkeit, nein, auch John May lernt sich durch seine Arbeit besser kennen. Zu Beginn scheint das geregelte Leben des Londoners erfüllt zu sein, bis seine Abteilung geschlossen werden soll. Auch privat steht dem Protagonisten eine große Veränderung bevor, als ihm ein Obdachloser im Gespräch einen Denkanstoß gibt: „Wollen wir nicht alle eine Frau an der Seite, mit der wir gemeinsam schweigen können?“.
Warum der Titel im Deutschen geändert und nicht einfach nur übersetzt wurde, ist nur schwer nachvollziehbar, denn der Name „Still Life“ (übersetzt: Stillleben) trifft den Kern des Films mehr als gut. Ein Stillleben, wie man es aus der Kunst kennt, bezeichnet die Darstellung toter bzw. regloser Gegenstände. Tot, reglos, still sind Adjektive, denen man im Film häufig begegnet. Klar, dass Produzent Pasolini mit Standbildern und einfachen Kameraeinstellungen diese Einsamkeit unterstreichen will. Viele Dialoge darf man in dieser britischen Produktion nicht erwarten, dennoch gelingt es Eddie Marsan („Happy-Go-Lucky“, „Sherlock Holmes“) durch Mimik und Gestik die Gefühlswelt der Hauptfigur emotional und authentisch zu vermitteln. Einsam ist die ansonsten melancholische Storyline auf jeden Fall nicht: Charmante Momente schmücken die tragische Geschichte des Mr. May aus.
Nach „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“, wird sich der eine oder andere Kinobesucher essentielle Fragen zum Thema Einsamkeit stellen und die Stille definitiv durch eine andere Brille betrachten.
Filmstart: 4. September 2014