NSU-Urteil: Hauptangeklagte Zschäpe bekommt lebenslang!
von Anja, 15.07.2018
Mehr als fünf Jahre dauerte der Prozess. Abschluss oder ein Schrecken ohne Ende?
An den 27. Juni 2001 erinnert sich Hamburg. Süleyman Tasköprü, Sohn eines türkischen Gemüsehändlers, wurde im Geschäft seines Vaters in Bahrenfeld mit drei Kopfschüssen hingerichtet. Nur einer der vielen rechtextremistisch geleiteten Taten der Terrorzelle Nationalsozialister Untergrund (NSU). Zehn Jahre dauerte es, bis die Spuren des Mordes an Süleyman Tasköprü zugeordnet werden konnten. weitere sieben Jahre, bis dafür eine Strafe über die Täter verhängt wurde. Am Mittwoch den 11. Juli 2018 um 11.46 Uhr ist es soweit: Alle Angeklagten sind vor dem Oberlandesgericht München verurteilt worden.
Höchstrafe für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe.
Sie gilt des zehnfachen Mordes, der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung und Mittäterschaft bei 15 Raubüberfällen für schuldig. Eine Sicherheitsverwahrung wurde abgelehnt. Mehr hätte es nicht geben können, denn lebenslange Haft ist die höchste Strafe in Deutschland. Stellt das Gericht zudem eine besondere Schwere der Schuld fest, kann der Täter nur in Ausnahmefällen, etwa bei hohem Alter oder schwerer Krankheit, nach frühestens 15 Jahren freikommen. Im Fall Zschäpe gilt das aber als unwahrscheinlich. Frühestens 2026 wird darüber entschieden. Dann läuft die Mindesthaftzeit ab, denn die bereits verbüssten sieben Jahre werden der Verurteilten angerechnet. Die vier Mitangeklagten, Ralf Wohlleben, Carsten S., Holger G. und André Eminger erhielten ebenfalls Haft- und Jugendstrafen.
Ist es jetzt vorbei? Nein!
Und das sehen alle Seiten so. Nebenkläger-Anwalt Mehmet Daimagüler verfasste bei Facebook einen Beitrag, der darauf hindeutet, dass er gegebenfalls Revision einlegen wird. Auch die Verteidigung von Beate Zschäpe hat bereits angekündigt, das Urteil vom Bundesgerichtshof prüfen zu lassen. Andere Stimmen fordern Aufklärung. Sie vermuten weitere Helfer und erwarten Antworten auf offen gebliebene Fragen. Wie wurden die Opfer ausgewählt? Gab es Helfer vor Ort? Wieso an so einem belebten Platz wie die Schützenstraße, in der Tasköprü sein Leben lassen musste? Spielte die damalige militante Hamburger Naziszene eine Rolle? Es gibt noch vieles zu klären. Das klingt nicht nach einem Schlussstrich.
Ein erster großer Schritt ist getan.
Wie wohl das Urteil gegenüber den Haupttätern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ausgefallen wäre? Darüber kann man nur spekulieren. Beide entzogen sich 2011 der Verantwortung indem sie sich nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach erschossen.
Es bleibt weiterhin offen wie die entgültige Strafe für diese Taten aussehen. Den Opfern und deren Angehörigen werden sie in keinem Maße genug sein. Ihnen bleibt ein Gedenkstein mit den Namen derer, die die NSU auf dem Gewissen hat. Im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld wurde zum Gedenken an Süleyman ein 300 Meter langes Teilstück der Kohlentwiete in Tasköprüstraße umbenannt.