Kultur, Kippe und Bierchen: Die Millerntor Gallery
von Gila Thieleke, 13.07.2016
“Für die Kunstwerke ihrer Lieblingssprayer sparen einige Mitarbeiter das ganze Jahr”, erzählt mir eine Unterstützerin vor Ort. So viel Lebensfreude, Verbundenheit und Zusammenhalt zwischen den Helfern habe ich selten erlebt wie an diesem Tag.
Zum sechsten mal wird St. Pauli zu einem Schmelztigel kultureller und künstlerischer Vielfalt. Hier trifft urbane Streetart wie die von Rebelzer auf Musik und internationale Kunst. Längst ist die Millerntor Gallery kein Geheimtipp mehr sondern durch das ehrenamtliche Engagement von über 150 Unterstützern zu einem professionell aufgezogenem Festival und gleichzeitig erschwinglichem Ort der Begegnungen geworden.
Bereits beim Betreten der Gänge spürt man die Lebendigkeit und Kreativität im St. Pauli Stadion. An einem Bild wird sogar noch gemalt. Künstler sitzen mit Besuchern beisammen, trinken entspannt ein Bierchen oder hören den Musikern auf der Bühne zu. Die ungezwungene Atmosphäre ist hier in dieser Kombination einzigartig.
Eine Etage höher startet eine Auktion. Ab einigen hundert Euro können kleine Kunstwerke ersteigert werden. Ich treffe meine Kollegin Julia, die Viva con Agua regelmäßig unterstützt. “Für die Kunstwerke ihrer Lieblingssprayer sparen einige Mitarbeiter das ganze Jahr über”. Ich bin überrascht. Und gerührt. Voller Tatendrang und Hilfsbereitschaft führt Julia mich im Stadion rum. Stellt mir Kollegen und Künstler vor, erzählt mir interessante Geschichten über die Szene.
Am Sonnabend treten als absolute Highlights Max Herre und Clueso auf. Das Line-up bei Veranstaltungen von Viva con Agua ist oft gewaltig. Alte Haudegen aus der Hip-Hop und R’n'B Szene sind am Start. Wer nicht dabei sein kann, die Parade aus Max Herre, Samuel Yirga, Samon Kawamura und Clueso gibt’s im Live Stream bei Facebook.
Der Blick auf die Mitwirkenden zeigt, dass den Besucher keinesfalls Gleichtönigkeit und Uniformität erwarten. Drastische Transformationen, widersprüchliche Illustrationen sowie Musiker wie Jupiter Jones, Tim Neuhaus und Cäthe sind auch mit dabei.
Die Gewinne des Kunstverkaufs gehen zu 70% an Viva con Agua e.V., das internationale Netzwerk von Menschen und Organisationen, das sich für einen menschenwürdigen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung einsetzt. Die restlichen 30% gehen an die unterstützenden Künstler.
Mit Ticket-Preisen ab sieben Euro pro Tag gehört dieses Festival zu den erschwinglichen und ermöglicht somit auch Menschen mit kleinem Geldbeutel Zugang zu Kunst, Kultur und dem kommunikativen Austausch untereinander. Also, packt die Badehose ein und ab geht’s nach St. Pauli. Nur noch bis Sonntag, 17. Juli. Nicht verpassen…