Blue Devils: Robuste Jungs entern meinen Ernährungsplan
von Gila Thieleke, 24.08.2012
Mhhhhh, Würstchen-Geruch dringt in meine Nase. “Verdammt” denk ich mir, während ich zu den Futter-Buden rüberschlendere, drei Wochen low carb in einem Moment über den Haufen geworfen. Doch der Magen knurrt und die Verlockung ist einfach zu groß.
Ich befinde mich im Stadion „Adolf-Jäger-Kampfbahn“ in Ottensen und schaue muskelbepackten Männern in blauer Sportbekleidung mit robusten Helmen ausgestattet beim Training zu. Jetzt fehlen nur noch meine Mädels und ein schön kühles Alster, dann wäre der Tag perfekt. Das Bratwürstchen dazu hab ich ja schon. Es schmeckt – leider hervorragend. In wenigen Minuten startet das Spiel der Hamburg Blue Devils gegen die Dresden Monarchs. Mein allererster Besuch beim American Football und ich bin gespannt wie ein Flitzebogen. Musik dröhnt aus den Lautsprechern, dann geht’s los!
Besonders positiv: Das Publikum applaudiert auch beim Einlaufen der Gegner-Mannschaft. Nicht ein einziger Buh-Ruf dazwischen. So viel Sportlichkeit bei den Zuschauern habe ich selten erlebt. Auch wenn’s auf dem Feld mal etwas ruppiger zugeht – das trifft absolut gar nicht auf die Fans zu. Aggression ist hier fehl am Platz. Stattdessen Hüpfburg, Bierbänke in der Sonne, Burger und – mein Verderben- Würstchen.
Die Atmosphäre: Extrem entspannt und familiär, Kinder springen durch die Gegend, schlagen Rad, werfen sich in der Pause Pässe zu. Auch die Erwachsenen sind alle sehr locker und leger. Man kennt sich, man grüßt sich. Alle sind sehr angenehm und freundlich. Mittendrin wie aus einem Hollywood-Film hineingebeamt vier Ladys in engen Sommer-Kleidchen, Prada-Sonnenbrille, Handtäschchen. In zehn Zentimeter Peeptoes staksen sie über die Grünfläche, versinken immer wieder im weichen Rasen. Nanu!? Wo kommen die denn her? Ich erspähe ein sanftes Winken Richtung Spielfeld – aha, offensichtlich Spieler-Frauen. Da nehmen sich wohl alle Sport-Vereine nichts. Ein witziges Kontrast-Programm wie ich finde.
Im Spiel kommt ordentlich Action auf. Irgendwann kannte ich mal alle Regeln, doch heute ist das alles vergessen. Hier ein langer Wurf da ein Touchdown. Herrlich! So viele Männer auf einen Haufen und ich darf zuschauen. Dabei hat die Mannschaft einige harte Jahre hinter sich. Die Jungs manövrierten sich immer wieder aus der finanziellen Pleite heraus, spielen seit letztem Jahr beim HSV und wieder in der GFL, der ersten Liga des deutschen Football.
Das Stadion ist längst nicht ausverkauft, aber alle anwesenden Zuschauer sind einfach am Rocken. Man spürt die Energie und den Kampfgeist, der Spieler und Fans über die Jahre zusammengeschweißt hat. Am Ende ist mir völlig wurscht ob die Devils gewinnen oder verlieren – hier geht es um bedeutend mehr als nur ein Ergebnis und das gefällt mir außerordentlich gut.