Halbe Frau, voller Preis
von Gila Thieleke, 04.05.2013
Am Wochenende treffe ich einen früheren Arbeitskollegen, den ich lange nicht gesehen habe. Mit dabei: Sein Date. Knochig-dürr und nach nur wenigen Minuten Unterhaltung merke ich: leider auch sonst ganz schön hohl. “Was willst Du mit der”, frage ich ihn. Ein Schulterzucken ist die Antwort. Nichtssagend und doch sagt es so viel.
Tasty Delight scheint das Motto unserer Zeit. Zero Zucker, keine Kalorien, Low Fat, halber Preis. In Zeiten von Bürojobs und Übergewicht die Kalorien ganz gesund im Griff zu haben, ist ja völlig in Ordnung. Spitze Knochen als Schönheitsideal ist doch aber nicht unser Ernst. Neigen wir dazu, unser Leben zu entzuckern?
FDH… Friss die Hälfte scheint jetzt auch auf unsere Beziehungen, Dates und unser ganzes Leben zuzutreffen. Anstatt einer ganzen Frau nehmen Männer lieber nur eine halbe. Statt ‘ner ganzen Wohnung verkaufen Vermieter in Hamburg lieber nur eine halbe, aber für den vollen Preis – sicher ist sicher. Wenn wir die bessere Hälfte auch noch halbieren, dann laufen wir ja nur noch mit Vierteln durch die Gegend. Nach dem Motto… ‘Darf ich vorstellen: Meine viertel Freundin Erika!’
Die nicht enden wollenden Fleischskandale in Deutschland betreffen leider nicht nur das Filet auf dem Teller, sondern auch die halben Hühnchen in der nächsten Bar. Wer sich über Gammelfleisch aufregt, sollte vielleicht mal wieder auf’s Ganze gehen. Der volle Preis für beste Qualität. Dann braucht man auch nicht mehr künstlich nachzuzuckern.