Die fünfte Jahreszeit
von Kevin Knickmeier, 11.11.2018
Fischbrötchen und Alsterwasser. Das sind Dinge mit denen wir Hamburger eine Menge anfangen können.
Fasching ist etwas für Kinder, Karneval kennen wir nur aus dem Fernsehen und Narrenkleider tragen manche bei uns nicht nur einmal im Jahr als Kostüm.
Hier in Hamburg tangieren uns solche Festlichkeiten meist kaum, während sie in anderen Bundesländern oft groß und ausgiebig gefeiert werden.
In Brandenburg zum Beispiel.
Dort wird Karneval auch als “Die fünfte Jahreszeit“ bezeichnet. Warum ? Die fünfte Jahreszeit ist historisch von Bedeutung. Ursprünglich diente die „alemannische Fastnacht“ dazu, den Winter zu vertreiben. Bunt verkleidet und mit teuflischen Masken ausgestattet, zogen die Germanen im Frühjahr durch die Straßen und machten mit Trommeln und Rasseln jede Menge Radau. Damit sollten die bösen Dämonen und Geister des Winters verjagt werden.
Heutzutage wird aber vor allem getanzt, gefeiert und gelacht.Die Saison beginnt heute am 11. Novemeber um 11:11 Uhr und ich darf dieses Jahr bei den Brandeburger Festlichkeiten live dabei sein. Dieser humoristische Beginn der fünften Jahreszeit stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Narrenzahl Elf eignete sich besonders, da zu damaliger Zeit jeder als Narr bezeichnet wurde, der Gottes zehn Gebote übertrat. Auch der Elfer-Rat, das Organisationskomitee in den zahlreichen Karnevalsvereinen, steht in Verbindung mit der Zahl Elf.
Eine weitere Tradition aus vergangenen Jahrhunderten sind die Büttenreden.
Bei dieser besondere Art von Reden darf man, sofern man in den Bütt steigt über alles und jeden herziehen und alles sagen, was man will. Entstanden sind dieses besonderen Reden zu einer Zeit, als französische Besatzer den Menschen westlich des Rheins politische Aktionen untersagten. So traf man sich heimlich um auf die Besatzer zu schimpfen und all das zu sagen, was man nicht sagen durfte.
Mit Cottbus als Hochburg der Narren holt die Stadt sogar den Preis für den größten Umzug im gesamten Osten Deutschland nach Hause.
Und zu allem Überfluss wird mir dieses Jahr sogar noch eine große Ehre zuteil: Gemeinsam mit meiner Liebsten verkörpern wir das diesjährige Prinzenpaar in der Gemeinde Eggersdorf. Wir lösen sowohl den Bürgermeister als auch das vorige Prinzenpaar mit unserer Proklamation für die Dauer der Festlichkeiten ab und repräsentieren sozusagen die Regierung für diese Zeit. Und mit der heutigen Proklamation ist es auch offiziell. Ich bin Prinz. Ein Hamburger Fischkopp wird erster West-Prinz in der Vereinsgeschichte des ortsansässigen ECC Eggersdorf. Selbstverständlich hat das ganze einen bitterernsten Hintergrund, denn wir sind eine Regierung wie sie jeder gern hätte: Freundlich, fröhlich und mit Spaß beim Amt. Ich selber bin etwas nervös, aber mindestens genau so neugierig und gespannt, wie die Zeit als Prinz der Narren wird.
Zur Normalität kehrt alles wieder zur Beginn vierzigtägigen Fastenzeit, also nach dem Aschermittwoch, zurück. Dieser markiert das Ende der fünften Jahreszeit hier bei uns in Deutschland. Wir mögen zwar die schönste Stadt der Welt haben, aber hin und wieder lohnt es sich auch mal über das Elbufer hinaus zu blicken.
Also, liebe Hamburger: Raus aus der Koje und rein in eure bunten Gewänder. Das ganze macht richtig Laune.
Hamburg, Helau !