Alle Freunde in der Hosentasche – dennoch fühlt man sich einsam
von Olaf Oliver Karin und Amar, 22.09.2020
PVLZ & GLVMAR. Schon mal davon gehört? Wohl kaum. Vielleicht Insider von Indie-Electro-Pop, die diese Musikrichtung aufmerksam verfolgen, haben die Erstproduktionen dieses Duos schon mal auf YouTube genossen.
PVLZ & GLVMAR, das sind zwei Hamburger Jungs, die seit 2 Jahren konsequent daran arbeiten, erfolgreich in die Welt der Musik einzusteigen. Aber, wie schreibt man über zwei junge Musiker, die, wenn man sie kennenlernt, wie Feuer und Wasser, Tag und Nacht oder haarig und glatt daher kommen und die trotz der Gegensätze dennoch ein geniales Duo ausmachen? Ist ihre Musik vielleicht gerade deswegen so faszinierend? Auf jeden Fall verspürt man sofort den Wunsch: Diese Musik muss die ganze Welt unverzüglich kennen lernen!
Aber jetzt mal wieder zurück auf den Boden. Bei aller Begeisterung mache ich Euch erst einmal näher mit den beiden bekannt. Nämlich mit Aramis Moreno und Sebastian Behrendt. Die beiden Hamburger Musiker haben sich im Frühjar 2020 in der Akademie Deutsche POP kennen gelernt und sofort eine Vibration (besser in der Englisch-Version ‘weibräschn’ be-kannt) für einander gespürt. Und schon sind wir beim Thema – denn diese Vibration haben sie in Musik umgewandelt. Ihre Songs wie Shipping on my Lean, Nature Cinema oder In This sind Electro-Pop mit Trap und mit Indie-Klängen – ähnlich wie bei Billie Eilish-Songs.
Sein erstes Studium hatte recht wenig mit Musik zu tun. Wirtschaftswissenschaften in Rostock. Es war kein einfacher Start. Alleine, mit wenig Kohle und nur mit mässiger Begeisterung für das Studienfach, startet er seinen neuen Lebensabschnitt. Hamburg, seine Heimatstadt, musste er dafür verlassen. Bastian fühlte sich schnell mit allem allein gelassen und überfordert. Eine fremde Stadt, keine Kumpels, keine richtige Bleibe, keine Kohle. Es passte nichts so recht zusammen in dieser Zeit. Es sollte einfach nicht sein. Aber, das erkennt man oft erst später im Leben. Doch irgendwie hat diese Zeit ihr Gutes und bringt Basti zu seinem Traum zurück.
Wieder in Hamburg, realisiert er dann diesen Traum, sein eigentliches Ziel: Musik machen. Gut und schön. Aber, von der Musik leben? Das war nicht drin. Und nur den Eltern auf der Tasche liegen? Nichts für Basti! Bis heute verdient er seine Brötchen mit Nebenjobs. Zum Glück hat er nach einigen miesen Erfahrungen einen Job in einer Hotelbar gefunden, der ihm richtig Spass macht. Netter Boss, nette Kollegen und eine Tätigkeit, die ihm auch während der Corona-Krise ein Einkommen sichert. Das ist zur Zeit Gold wert. Ob Basti in der Melange ‘Feuer oder Wasser’ ist, kann man nicht orten – ebenso nicht, ob in ‘Tag oder Nacht’. Was man aber problemlos orten kann, ist ‘haarig’. Seine wunderschönen dunklen Locken machen ihn zu zu einem ziemlich coolen Typen. Schauen wir zum Gegenüber, dem „Glatten“ im Duo. Wir sprechen von Aramis. Der smarte Typ aus dem Westen von Hamburg legt eine ganz andere Biografie vor. Aramis (21) bekam in jungen Jahren eine ‘Schiessbude’, sprich Schlagzeug, geschenkt. Schon sehr früh hatten seine Eltern sein gutes Rhythmusgefühl erkannt und unterstützten ihn mit Instrument und Unterricht.
Später sollte es dann professioneller werden. Gerade hatte er sich in London an einer Musik-Uni immatrikuliert, als ihm der Brexit einen Strich durch die Rechnung macht. Amaris kam ins Grübeln: Wie hatte man ihm doch früher eingeprägt “mit einem guten Abi kannst du alles machen” oder, wie Oma immer sagte, “Junge, mach’ was Anständiges, wo Du eine Familie mit ernähren kannst!” Vielleicht Banker oder Handwerker? Keine Chance – die Musik stand nach wie vor bei ihm im Fokus. Dann, im Februar 2020, lernten sich Aramis und Basti kennen. Sie stellten schnell fest, dass die Chemie stimmt und machten ab März gemeinsam Musik.
Aramis ist in dem Duo der Texter. Zu erst kreieren die beiden den Sound. Wenn dieser soweit steht und sich beide in der Musik wieder finden, wird der Text erarbeitet. In ihren Texten halten sie sich fern von den großen gesellschaftlichen Themen. Auch Politik lassen sie aussen vor. Aramis: „Wir schaffen es nicht, mit unserer Musik irgendetwas zu ändern“. Basti: „Wir bearbeiten lieber Themen, die das Lebensgefühl beschreiben, wie Sehnsucht, verlassen werden, frisch verliebt sein. Zu Liebe kann man 1000 Texte schreiben. Es ist ein Gefühl, das jeder kennt und einer der stärksten Gefühle.“ Und was ist mit Hass und Traurigkeit? Basti: “In Flying to Hell waren wir in unserem Text sehr aggressiv.” Aramis: „Wir beschreiben eher die Emotionen, die unsere Zeit auslöst und nicht die Ereignisse.“
Natürlich schauen sie sich die Social-Media-Kanäle an und erspüren die Gefühle, die diese auslösen, wie Einsamkeit, Minderwertigkeit oder Überheblichkeit. Sie gehen lieber auf die Zustände ein, die die Welt so auslöst. Sie erzählen zwar ihre Geschichten in den Songs, lassen aber immer genügend Spielraum für eigene Interpretationen des Zuhörers. Diametral eben, wie die beiden: Feuer und Wasser, Tag und Nacht. Das macht ihre Musik so besonders. Und die wird nur in eine Richtung gehen: Durch die Decke.
Schaut hier mal bei dem aktuellen Song von PVLZ & GLVMAR “Nature Cinema” vorbei
In der Fotostrecke “Das Interview ohne Worte – Sagt jetzt nichts”, beantworten die Musiker Aramis und Sebastian Fragen zum Gestern, Heute und Morgen nur mit Mimik und Gesten- und eine mit einem Tänzchen.