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Reeperbahn Festival mit Mc Bomber und schwuler Homophobie

MC Bomber und Shacke, Foto: Julia Henchen

von Julia Henchen, 19.10.2015

Mit dem Hip-Hop, der zurzeit läuft, können die beiden nicht viel anfangen. Sie machen Rap. Und wenn das Publikum nach ihren Auftritten kein Sauerstoffzelt braucht, stimmt etwas nicht.

Auf dem Reeperbahn Festival treffe mich mit MC Bomber und MC Shacke nach ihrem Auftritt auf der BACKSPIN Bühne im Moondoo.

Rap war mehr so ein Hobby aus dem Ernst wurde, denn eigentlich war MC Bomber, wie der Name verrät, in der Writer Szene unterwegs. Vielleicht ist er das immer noch, vor allem aber will er zu keiner Szene gehören. Sein Rap ist genau diese Art von Hip-Hop, die er selbst hören möchte und deswegen macht er auch genau diesen Rap. Battle-Rap. Die Tour mit Karate Andi hat begonnen, im letzten Jahr haute er vier Free-Mixtapes raus. MC Bomber und MC Shacke legen gerade erst los.

Wie hat euch euer Auftritt gefallen?

MC Bomber: “Nich so dolle. Wir haben heute im Beatles-Club gespielt, vor Beatle Publikum. Wir sind Rolling Stones Fans – um in Bildern zu sprechen.”

MC Shacke: “Ne, aber war trotzdem korrekt Alter.”

MC Bomber: “Unser Auftritt war korrekt, die Crowd war nicht korrekt.”

Habt ihr denn sonst eine andere Crowd?

MC Bomber: “Wir kamen uns mehr heute vor, wie so ein Messe-Gegenstand.”

MC Shacke.”Wir sind ein tobendes Publikum gewohnt, die in der ersten Reihe stehen, vor Freude.”

MC Bomber: “Und heute waren da viele Erwachsene, Ingenieure und BWL-Absolventen im Publikum, die teilweise auch pikiert geguckt haben.”

MC Shacke: “Die es aber, glaube ich, auch alle gut fanden. Die aber einen Stock im Arsch hatten und nicht gesprungen sind, nicht auf die Bühne gesprungen sind.”

MC Bomber: “Vielleicht waren wir auch schlecht… könnt ihr auch sagen.”

Also der Typ vor mir ist extrem ausgerastet. Ich hatte das Gefühl, dass das Publikum euch sehr gut fand.

MC Shacke: “Wir sind auch gut. Aber unser Anspruch ist nicht, dass das Publikum uns gut findet, sondern sie sollen sagen, wir sind die allerbesten.”

MC Bomber: “Das sie sich selbst umbringen wollen.”

MC Shacke: “Wir wollen das natürlich auch zurück bekommen, weißte? Und die haben uns heute gesagt ‘Hey, das war dope, wir wurden entertaint’, aber eigentlich sollen die danach ein Sauerstoffzelt benötigen.”

MC Bomber: “Das ist unser Anspruch, ja!”

Ok, also ihr habt da einen hohen Anspruch an euch. Wohin soll der euch in nächster Zeit führen?

MC Bomber: “Album, viel Mucke. Wird auf jeden Fall nicht enden. Tour mit Karate Andi, der Output wird nicht enden in den nächsten drei Jahren. Wir haben einiges vor.”

MC Shacke: “Ich denke auf jeden Fall, dass wir ein guter Live-Act sind.”

MC Bomber: “Ja, wir geben immer 100% und wir machen Aktion-Rap. Ich stinke danach und die Leute sollen danach auch stinken. Das ist ein fairer Deal, finde ich.”

Du hast in einem Interview gesagt, dass du glaubst, der Rap merkt, wenn man einen Plan B hat…

MC Bomber: “Ja, das war lustig gesagt, weil ich eben keinen Plan hatte, als ich mit Rap startete. Und da ich momentan ein bisschen Erfolg damit habe, hab ich das Gefühl, dass es vielleicht genau richtig war, so ins kalte Wasser zu springen.”

Dass du es gewagt hast?

MC Bomber: “Ja, aber daraus eine allgemeine Aussage zu machen ist, glaube ich, verkehrt. Also ich will das nicht an Kinder weiterempfehlen, alles aufzugeben.”

MC Shacke: “Ich glaube, da ist schon etwas dran. Dieses Gefühl, dass du all deine Energie da rein packst. Ich gebe alles dafür. In der Hinsicht ist da schon etwas dran. Am Ende glaube ich aber, dass Talent und Geschmack wichtig sind. Nicht nur die Not.” (lacht)

MC Bomber: “Also, das passt natürlich nicht immer. Aber bei mir hat es bis jetzt auch ohne Plan B ganz gut geklappt.”

Hast du manchmal den Gedanken, dass ein Plan B auch Sicherheit geben könnte?

MC Bomber: “Ähm, ne. Weil dann hätte ich ja wieder einen Ansatz von einem Plan B und das will ich natürlich auch nicht.”

Ihr seid beim Splash! Hand in Hand über das Gelände gelaufen. Du und Rufmord. Im Video sieht man ein, zwei Reaktionen von Menschen. Wie war das?

MC Bomber: “Die Leute haben natürlich pikiert reagiert. Ich will mir da jetzt nicht die Symbol-Krone überstülpen und sagen, ich wollte da ein ganz großes Zeichen gegen die Homophobie setzen, wenn ich selbst auch so homophobe Lyrics raushaue, aber wir haben da einfach ein Spielchen gespielt, wie die Leute auf einem Hip-Hop-Festival so reagieren. Hätten wir es auf den Straßen von Moskau gemacht, wären wir wahrscheinlich verkloppt worden, das ist uns auf dem Splash! nicht passiert.”

Wie empfindest du dann solche Sprüche?

MC Bomber. “Find ich blöde. Ich finde Homophobie behindert. Schwul und behindert.”

MC Shacke. “Man kann ja trotzdem Witze drüber machen.”

MC Bomber: “Aber es zu sein und Witze darüber zu machen, sind unterschiedliche Dinge.”

Die Diskussion ist im Rap nichts Neues, oder?

MC Bomber: “Ich finde diese Diskussion hat sich auch ausgelutscht. Wie oft wurde schon diese Diskussion geführt. Ich mein dass alles ernst ist, was ich da sage. Auf jeden Fall.”

Deswegen stehen Frauen auch in der ersten Reihe und singen oder rappen mit?

MC Bomber: “Genau.”

Wie seht ihr denn allgemein die Medienwelt. Die Rapwelt? Wo positioniert ihr euch da?

MC Bomber: “Die Medienwelt ist scheiße!”

MC Shacke: “Gute Frage.”

MC Bomber: “Die Rapwelt ist für mich Morlock Dilemma, Karate Andi, Shake One, Frauenarzt noch, mit dem habe ich momentan auch bisschen was zu tun. Mehr kenne ich aus der Rapwelt nicht und mehr möchte ich bis dato auch nicht kennenlernen.”

Ihr hört privat nicht viel Hip-Hop.

MC Bomber: “Nö. Also, ich gucke mir natürlich ein Video von jemanden an, was dann als Single rauskommt, aber interessiert mich nicht.”

MC Shacke: “Dieser Youtube-Konsum. Man guckt sich das an und überlegt ‘was ziehe ich mir jetzt auf meinen MP3-Player’ wenn ich unterwegs bin. Und da höre ich kein Deutsch-Rap.”

MC Bomber: “Das ist eigentlich der Punkt. Es ist gar nicht dieses ‘Die anderen sind alle whack und wir sind die Besten’. Also wir sind schon die Besten (lachen) aber die anderen sind nicht alle whack. Das ist gar nicht gesagt. Ich feiere auch Sachen, die ich dann mal höre. Aber würde ich es mir jetzt auf mein IPod ziehen? Ne. Auf keinen Fall.”

MC Shacke: “Vieles ist auch kurzlebig.”

Interessant ist ja, dass ihr keinen Rap hört, aber ziemlich starken Rap macht.

MC Bomber: “Wir machen schon Rap-Rap.”

MC Shacke: “Bomber hat mal gesagt, er macht Rap so, wie er den gerne hören möchte. Und da ist schon was dran. Es gibt Leute, die ich cool finde, wo ich auch sage, das höre ich. Und das machen wir. Rap, den wir auch konsumieren würden.”

MC Bomber: “Das soll keine arrogante Ansage sein, aber ich mache eben den Rap, den ich gerne hören würde. Den mache ich selber für mich.”

MC Shacke: “Ich glaube, und auch Bomber, wir sehen das so: Es gibt ja nicht nur Rap. Es gibt so viele Rap-Hörer, die sich hauptsächlich mit Rap auseinandersetzten. Aber es gibt so viel andere Musikrichtungen, die viel bieten.”

MC Bomber: “Die viel mehr bieten. Überspitzt gesagt, der einzige Grund, warum ich rappe ist, weil ich kein Musikinstrument spielen kann und trotzdem gerne Musik machen will. Könnte ich gut Schlagzeug spielen, E-Gitarre oder Bass, würde ich wahrscheinlich in einer coolen Fusion-Rock Band spielen und nicht “Fick deine Mutter” Texte machen. Ist leider das einzige, was ich kann.”

MC Shacke: “Wären wir in unserer Jugend nicht so verdorben worden, würden wir vielleicht in einer Jazz-Rock-Band spielen.”

MC Bomber: “Ja, Alter”

MC Shacke: “Na, stell es dir doch mal vor. Ich so am Schlagzeug, Bomber am Bass, Alter”.

MC Bomber: “Kontrabass Alter.”

MC Shacke: “Und es würde jemand anderes singen.”

Eine Frau vielleicht

MC Bomber: “Vielleicht machen wir dann was über Liebe.”

Romantik und so

MC Bomber: “Ja.”

MC Shacke: “Unsere Konzerte sind auch eher Punk-Rock. Eher wie so ein Punk-Rock Konzert”.

Gehst du denn eigentlich noch sprayen? Oder ihr? Hast du damit komplett abgeschlossen?

MC Bomber: “Kann ich nichts zu sagen. Nächste Frage”. (lacht)

MC Shacke: “Aber weißt du was. Die Graffitiwelt kann einem auch auf den Sack gehen, aber irgendwie ist die noch echter, als die Rapwelt”.

MC Bomber: “Ja, weil in der Graffitiwelt gibt es kein Geld zu verdienen”.

MC Shacke: “Is halt irgendwie echter. Es geht mehr um das, was du machst. ”

MC Bomber: “Da steht eher auf dem Spiel, ob du Geld bezahlst, nicht ob du Geld bekommst”.

MC Shacke: “Ja, stell dir vor, man sagt den Medien ‘Hey, ich geh nächste Woche zwei Trains malen, lass mal davor zwei Interviews machen’. Machst du ja nicht.”

MC Shacke: “Nächste Woche rollt die Promophase an.”

MC Shacke: “Lass mal so Welle schieben. Die ganze Stadt weiß Bescheid, Alter.”

Wie sieht das denn aus mit Beats und der Produktion? Wie wichtig ist dir der künstlerische Prozess, die Zusammenarbeit?

MC Bomber: “Die is mir sehr wichtig. Das ist unser Rap. Wir sitzen zusammen, schreiben zusammen Texte, bauen zusammen drei Stunden lang Beats. Besaufen uns drei Stunden am Stück mit irgendwelchen krass verrückten, türkischen Funk-Platten und basteln dann zusammen am PC die Beats. Die Zeit, die andere Rapper mit Youtube verbringen, die sind wir vor unserer Stereoanlage mit Mucke und schauen, was wir sampeln wollen. Alter, das klingt so bescheuert, aber ja. Einen geilen Sound hören. Inspiriert werden. Über Musik reden.”

Also spielt die Musik nicht nur in der Produktionsphase eine riesige Rolle?

MC Bomber: “Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, eine riesen, riesen Rolle. Ich glaube, wir sind bei dem Produktionsprozess von unserer Musik wahrscheinlich mehr involviert, als 95% der anderen.”

MC Shacke: “Auch, wie wir Nordachse produziert haben.”

MC Bomber: “Ja, aber auch allgemein. Wenn ich Mucke mache. Da wird dann auch mal bei dem Beatbastler gesagt, bau mal hier ein break. Das ist uns schon wichtig.”

Du warst mit deinem Kumpels im Studio und hast Mucke gemacht.

MC Bomber: “Genau, nur mit Atzen. Sowas mit Parts von A nach B schicken – das gibt es nicht bei mir.”

Welche Werte misst ihr denn dann dem Rap bei? Dem Hip-Hop?

MC Bomber: “Diese Frage müsste der Realkeeper jetzt mit “Respekt” beantworten. Das ist auf jeden Fall nicht der Wert, der mir als erstes einfällt, sondern eher Originalität. Und Kreativität. Das ist das, was mich interessiert. Das ist auch das, was mich an einem Rapper interessiert. Mich interessiert nicht, ob der krass Respekt gibt. Was anscheinend auch wichtig heute ist, ob der Authentizität hat. Was ich auch nicht weiß, was das sein soll, weil es größtenteils quatsch ist. Ich will unterhalten werden. Unterhalten werde ich durch Originalität. Das ist mein Wert, den ich ziehen kann aus Rap. Oder meinen Maßstab, den ich anlege. Was anderes interessiert mich fast nicht.”

MC Shacke: “Ja, sehe ich auch so. Zur Authentizität: das hängt davon ab, was du für Mucke machst. Du kannst auf jeden Fall ein komplettes Album lang eine Kunstfigur präsentieren. Da brauchst du keine Authentizität. Wenn du aber etwas Authentisches machen willst, wie Straßen-Rap, dann ist es für mich schon lächerlich, wenn das dann fehlt”.

MC Bomber: “Aber die meisten sind ja keine krassen Straßen-Rapper. Butter bei die Fische. 80% der krassen Straßenrapper sind nicht Straße. Is so. Das ist das Coole, bei dem was wir machen. Wir sagen wir machen Battle-Rap. Wenn ich sage ‘Ich fick deine Mutter’, dann ist das im Battle-Rap Content so ‘pffhh’. Wie soll ich denn die Mütter jedes Hörers ficken? Is ja wohl klar, dass das nicht geht. Wenn ich allerdings sagen würde ‘Ich komme aus Prenzlauer Berg, das Leben auf der Straße ist nicht leicht, ich glaube an Messerfights und wurde auch schon zwei Mal angeschossen, bei mir in der Kollwitzstraße’ … ja, dann gibt es vermutlich eine ganz kleine Wahrscheinlichkeit, ob mir das halt echt passiert ist, weil ich ein krummer Typ aus Prenzlauer Berg bin. Aber es ist doch recht unwahrscheinlich. Deswegen erzähle ich so etwas nicht.

MC Bomber: “Ihr lacht. Also anscheinend ist es ja doch unterhaltend und originell, was ich gerade erzählt habe.  Deswegen ist es vielleicht doch nicht schlecht. Vielleicht sollte ich das doch sagen in meinen Texten.”

MC Shacke: “Das stimmt schon, auf jeden Fall, aber ich finde Authentizität und Straßen-Rap ist auch genau so, vielleicht definiere ich das für mich auch anders, aber ich rappe auch über Wedding. Aber das hat auch einen Grund. Das ist für mich authentisch. Ich rappe nicht über Wedding, weil ich denk das kommt gut an. Ich bin nicht der, der am Berliner Platz hängt und der da die Geschäfte macht. Weißt du was ich meine? Das machen andere Leute. Aber wir teilen die Straße auch – wir sind trotzdem Straße. Seit ich Jugendlicher bin, häng ich auf der Straße rum und bin draußen. Ich hänge da ab und darüber rappe ich. Ich mein das auf jeden Fall ernst, was ich sage. Ich übertreibe auch nicht. Ich erzähl jetzt nicht, dass jemand krass Business macht oder irgendwelche Leute abzieht. Trotzdem sind wir präsent auf der Straße.”

MC Bomber: “Abschließend mal so: Es gibt von diesen 70 % nicht authentischen Straßen-Rapppern trotzdem welche, die ich originell finde. Das interessiert mich viel mehr. Wenn der also originell ist und eine gute Show abliefert. Das ist für mich dann ein cooler Rapper.”

MC Shacke: “Ja, wenn der jetzt ein mieser authentischer Rapper ist, aber scheiß Rap macht, dann ist das für mich uninteressant und scheiß egal.”

MC Bomber: “Ja man. Absolut. Und wir sind authentisch und originell. Und ja: Wir ficken auch Mütter.”

Eure abschließenden Worte…

MC Bomber: “Außerdem gibt es kein letztes abschließendes Wort. Denn dann kommt ja nochmal eins und nochmal ein aller-aller letztes. Allah letztes. Das waren die letzten Worte.

MC Shacke: “Nordachse 2 Digga. Kommt noch einiges. Macht euch auf einiges gefasst.”

MC Bomber: “Haben wir alles richtig beantwortet?”

Ja. Danke euch.

Hier gibt es Musik von MC Bomber und Shacke One!

MC Bomber und Shacke One - Versteckt die Töchter

MC Bomber – Trainhustler